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25.07.2004 15:00

Endstadium und Sterbebegleitung
 
Hallo,

mein Vater (75 Jahre) hat Nierenzellkarzinom mit Lebermetastasen, seine Kräfte nehmen ab und nun fahre ich in den Ferien zu ihm (wir wohnen 1000 Km auseinander), und bin darauf gefasst, dass es auch ein Abschied werden könnte.

Mit dem Gedanken des Todes habe ich (42) aus verschiedenen Schicksalsschlägen in der eigenen Biographie schon länger auseinandergesetzt, und befürchte ihn nicht so sehr, wenn er eintreten sollte.

Was mich allerdings hilflos macht, ist, nicht zu wissen, wie es mit Lebermetastasen zu Ende geht.
Mein Vater hat das große "Glück" trotz Riesenschwäche bis jetzt nicht zu leiden,
ich möchte ihn, wenn ich da bin, wenn es so weit ist, so gut wie möglich begleiten.
Ich möchte mit aller Kraft, dass er nach Möglichkeiten zu Hause sterben kann und
nicht im Krankenhaus!!! (ich weiss, dass es ihm sehr wichtig wäre).
Ist dies machbar oder ist es erfahrungsgemäß nicht machbar?

Ich finde es schade, dass es hier nicht ein Forum gibt, wo man auch diese Fragen offen besprechen kann. Ich sehe ein, dass es nicht unbedingt hierher gehört, wo Angehörige Trost suchen und Hoffnung auf Heilung haben,
die ja auch doch in zahlreichen Fällen auch eintreten kann.

Aber die andere Problematik ist auch eine Realität, und es täte manchen gut, ohne Scheu sich darauf vorbereiten zu können.
Das Forum könnte heissen "Sterbebegleitung"
oder so ähnlich. Dann würde es jedem frei stehen, dort mitzulesen oder auch nicht...

Herzlich,

Pascale

email : alinea@gmx.net

25.07.2004 15:10

Endstadium und Sterbebegleitung
 
sicher ist es möglich das Dein Vater zu Hause sterben kann.Was würdest Du in der Zeit mit Ihm unternehnen? Sofern es gesundheitlich noch möglich ist.

gruß

Jutta 25.07.2004 15:23

Endstadium und Sterbebegleitung
 
Hallo Pascale,

Es gibt hier im Angehörigenthread schon ein kleiner Beginn, der Fragen zur letzten Lebensphase angeschnitten hat.
http://www.krebs-kompass.org/Forum/s...d.php3?id=9932

Wie diese letzte Phase bei Deinem Vater sein wird, das wird Dir niemand beantworten können, denn es kommt immer auf den Menschen und sein Krankheitsbild an.

Was ich Dir, aus meiner persönlichen Erfahrung generell sagen kann, ist, daß es Dich sehr viel Kraft kosten wird. Da Dein Vater wahrscheinlich rund um die Uhr jemanden bei sich braucht, oder auch nur diesen Wunsch hegt.
Möglichkeiten, die Dich unterstützen könnten, wären z.B. eine Sozial- oder Hauspflege für die kleinen medizinischen Notwendigkeiten. Die Beantragung der Pflegestufe, um alle für Deinen Vater möglichen Annehmlichkeiten zu bekommen.
Unterstützung durch den lokalen Hospizdienst, welcher Euch immer wieder für ein paar Stunden zur Seite stehen kann.

Ja Pascale, das Sterben ist genau so eine Realität wie die Geburt. Das Schwerste sind die Momente, wenn Du daneben stehst, Du helfen möchtest und Dir Deiner Hilflosigkeit gewahr wirst. Auch wenn Du mit dem Tod gut umgehen kannst, kommen trotzdem immer wieder Gedanken, was kann ich noch machen, mache ich alles richtig, habe ich auch nichts übersehen usw. Was ich als sehr wichtig empfinde, ist die Schaffung einer liebevollen Umgebung, ein zärtliches Miteinander, das Lachen sowie das Weinen, die Erinnerungen sowie die Tage die kommen werden.
Deinem Vater das Gefühl zu geben, wenn seine Zeit kommt, daß er in Ruhe gehen darf, ohne Sorgen um Euch.

Liebe Grüße
Jutta

26.07.2004 08:16

Endstadium und Sterbebegleitung
 
Hallo Pascale
letzte Woche ist mein Schwiegervater nach 8 Wochen Pflege zu Hause gestorben. Wir alle wussten, dass es so kommen würde, und doch war der Schock und die Trauer dann groß.
Es waren sehr schwere Wochen, und du wirst viel kraft brauchen, aber es hat sich gelohnt. Ärzte, Pflegedienst und Sanitätsfachkräfte haben uns alle gesagt, dass es besser nicht sein könnte.
So hatten wir die Gelegenheit, uns voneinander zu verabschieden, und die Pflege hätte persönlicher und liebevoller nicht sein können. Besonders am Ende war es nötig, ihn rund um die Uhr zu zweit zu betreuen. Ich ahbe ihm 2x tägl. Morphium spritzen müssen. All das hat sehr viel Kraft gekostet, alles andere ist liegengeblieben - aber es war es wert.
Auch ich habe immer nach Hinweisen gesucht, woran man das endgültige Sterben erkennt. Viele Menschen haben mir verschiedene Anzeichen genannt - alles Blödsinn. Völlig richtig, was Jutta sagt: es ist immer anders, im Nachhinein deutlich zu erkennen, aber dann doch plötzlich.
Mach dich nicht verrückt, nutze die Zeit mit deinem Vater und schaff dir kleine Inseln im Alltag, auf denen du Kraft tanken kannst.
Alles Gute
Irm

26.07.2004 19:00

Endstadium und Sterbebegleitung
 
Liebe Jutta und Irm,

danke für eure Antworten.

Mein Vater lebt in Frankreich, dort gibt es zwar keine Pflegestufe, aber bei einer schweren Krankheit wie Krebs wird dann vom Krankenhausarzt nach Bedürfnis verschrieben, das kommt das auf das selbe raus. (ohne die Bürokratie).

Trotzdem, nach dem was ihr schreibt, sage ich mir, dass ich die Schwierigkeiten vielleicht etwas unterschätzt habe. Dort wird meine Mutter sein, die zur Zeit sich um meinen Vater kümmert (sie ist aber langsam mit den Kräften ziemlich fertig).Wir werden es halt versuchen, so lange es geht, ich hoffe, wir schaffen das.

Auch wenn ich keinerlei Erfahrung damit habe, erlebe
ich das Wichtige so ähnlich wie Du es beschreibst Jutta.
"in Ruhe gehen können, ohne Sorge um die Hinterbliebenen" , das fände ich auch fast das Wichtigste, wenn ich am Sterben wäre,
In diesem Alter wird mein Vater wenigstens diese Sorge nicht mehr haben müssen.

Herzlich und Danke,

Pascale

Rowode 26.07.2004 20:33

Endstadium und Sterbebegleitung
 
Hallo Pascale,

mein Mann ist an Rachenkrebs vor einem Jahr gestorben. Als die Ärzte ihm sagten, er hat noch 8 - 16 Wochen zu leben, und es ihm langsam aber sicher schlechter ging und wir öfters ins KH mußten (weil Atemnot) meinte er, er will zu Hause sterben.
Es war für mich keine Frage ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Ich wußte nicht was das bedeutete.
Aus den 8 - 16 Wochen wurden 6 Monate, in denen er zum völligen Pflegefall wurde.

Es kam der Tag an dem er das Bett nicht mehr verlassen konnte, durch Wassereinlagerungen im Gesicht, konnte er nichts mehr sehen, sehr schlecht hören, sprechen konnte er auch nicht mehr, da durch das Wasser die Zunge so anschwoll das sie heraushing.

Das verständigen war nur noch mit Zeichensprache seinerseits möglich, was nicht immer einfach war. Einen Pflegedienst lehnte er ab, er wollte mit mir alleine sein.

Für mich war es sehr schlimm nicht zu wissen wie der Tod kommt. Die Ärzte konnten/wollten sich nicht darauf festlegen.

Durch die lange Zeit konnten wir uns in aller Ruhe voneinander verabschieben. Er hat es mir immer wieder gedankt das er zu Hause bleiben durfte.

So, nun kann ich nicht mehr.

Alles liebe Euch
von Sabine

26.07.2004 20:33

Endstadium und Sterbebegleitung
 
Lieber Pascale,

ich kann mich dem, was Jutta und Irm geschrieben haben, nur anschließen.
Hier im Forum kannst Du viele Wege lesen, wie einzelne Menschen gestorben sind, aber keiner kann Dir sagen, wie es bei Deinem Vater sein wird. Wenn ihr Euch für die Pflege zu Hause entscheidet, sucht soviel Hilfe wie möglich. Frage Deinen Hausarzt, kirchliche Einrichtungen oder Hospizdienste (vielleicht gibt es soetwas auch in Frankreich) oder frage Selbsthilfegruppen. Es ist nicht nur die körperliche Anstrengung und der organisatorische Aufwand, der an den Kräften zehrt. Auch die psychologische Komponente ist äußerst kräftezehrend.

Ich habe meine Mutter (54) auch in Ruhe gehen gelassen, indem ich ihr sagte, dass es für mich in Ordnung ist, wenn sie gehen will. Das hat nichts mit dem Alter zu tun, sondern - das ist ziemlich schwer, es in Worte zu fassen - ein Zeichen der Liebe. Ihr Tod ist zwar für mich fürchterlich, aber das sollte kein Grund für sie sein, dagegen anzukämpfen.

Grundsätzlich gilt auch in dieser letzten Phase für Dich, zwar auf alles vorbereitet zu sein (was kann alles passieren, wie schlimm wird es, etc.), aber nicht sich die schlimmsten Szenarien auszumalen und zu erwarten. Und gönne Deinem Vater auch mal "belanglose" Gespräche über Alltagsthemen.

Viel Kraft. Und Du mußt keine Angst vor dem Sterben haben. Du mußt nur den Mut haben, den Wünschen Deines Vaters und dem Gefühl in Deinem Bauch zu folgen.

grüsse
tini

28.07.2004 08:07

Endstadium und Sterbebegleitung
 
Hallo Pascale,
mach dich wirklich nicht verrückt. Du wirst dich wundern, wieviel Kraft man entwickeln kann, wenn es nötig ist.
Auch meine Schwiegermutter und ich haben meinem Schwiegervater gesagt, dass er keine Angst haben muss und ruhig gehen kann. Er hatte so sehr am Leben gehangen. Ich weiss nicht ob es wirklich bei ihm angekommen ist, aber in seinen letzten Stunden hat meine Schwiegermutter ganz lieb auh ihn eingeredet, und do konnte er friedlich einschlafen. Nicht jeder kann das so. Mein Mann zB hat ihm alles über unsere finanzielle Situation erzählt (was bis dahin nie so ein Thema war) damit er erkennen konnte, dass wir uns um seine Frau kümmern können. Das war einer seiner größeren Sorgen, und so hat auch mein MAnn dazu beitragen können, ihm den Abschied zu erleichtern.
Dies ist der letzte Liebesdienst den wir unseren Angehörigen erweisen können, und egal wi schwer es auch manchmal gewesen sein mag - wir bereuen nicht eine Sekunde von dieser Zeit.
Alles Liebe
Irm

28.07.2004 08:54

Endstadium und Sterbebegleitung
 
nochmal danke an euch alle für eure mutmachenden
und hilfreichen Antworten.
Ich fahre morgen weg und werde nicht mehr online sein.

Zur Klärung an Tini: ich hatte due Tatsache, daß mein Vater in Ruhe gehen kann und ohne Sorge um uns, nicht direkt auf seinen Alter bezogen, sondern meinte nur damit, er habe dadurch wenigstens nicht die Sorge, die Eltern in meinem Alter trifft, wenn sie jüngere Kinder zurücklassen müssen, sondern er weiss,, er hat allen soviel gegeben, dass er nun ohne Sorge gehen kann.

Pascale


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