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Silvia Z. 21.02.2012 14:39

Meinungsaustausch zum Thema Immuntherapie
 
Hallo Selbsthelfer,

ich mache mal hier ein neues Thema auf, weil ich dir gerne antworten wollte - aber nicht im Thema "Studien".

Als ich vor sechs Jahren meine Diagnose erhielt, gab es nur die Immuntherapie. Viele, die länger als sechs Jahre krank sind, haben sie auch erhalten. Mehr oder weniger erfolgreich. Sie wurde im achtwöchigen Zyklus verabreicht mit anschließender Pause. In den ersten vier Wochen gab es alle zwei Tage zwei Spritzen mit Interferon Alpha und noch ein anderes Medikament. Ab der fünften Woche sollte es auch einmal in der Woche das 5 FU geben. Da ich bei der ersten Gabe allergisch reagiert habe, wurde die zweite Gabe unter ärztlicher Aufsicht mit einer Nacht im Krankenhaus gegeben. Danach aber abgesetzt, da es nicht gewährleistet war, dass diese Kombination wirkt.

Ich habe in den ersten acht Wochen fünf Kilos abgenommen, Tendenz steigend. Mich immer schlecht gefühlt und fast jeden Tag gefragt, wie ich das überhaupt überstehe. Private Aktivitäten waren auf ein Minimum heruntergeschraubt. Ich habe mich auf die Pause gefreut. Nach ärztlicher Rücksprache haben wir sie auf vier Wochen festgelegt.

Dann Beginn mit dem 2. Zyklus. In der vierten Woche des 2. Zykluses hatte ich einen Herzinfarkt. Drei Tage Intensivstation und seit dieser Zeit muss ich jeden Tag drei Tabletten zusätzlich nehmen.

Die Immunchemo wurde daraufhin abgebrochen und es konnte mit einem der neuen Medikamente begonnen werden, die im Sommer zugelassen wurden.

Es mag ja sein, dass es bei der Immuntherapie zu einem völligen Verschwinden von Metastasen kommen kann und bei den neuen Medikamenten die Metastasen - ich sage immer - "nur im Zaum gehalten werden". Aber meine Lebensqualität war unter der Immuntherapie gleich null.

Ich nehme zurzeit das vierte Medikament, meine Erkrankung ist stabil und meine Lebensqualität ist viel, viel besser.

Die Immuntherapie wird aber auch heute immer noch angewandt. Auch bei Schreibern hier im Forum. Es kommen bestimmt noch einige Meinungen dazu.

LG Silvia


PS: Bist du eigentlich auch Betroffener?

Selbsthelfer 21.02.2012 15:52

AW: Meinungsaustausch zum Thema Immuntherapie
 
Hallo Silvia,

vielen Dank für Dein posting. Ich war anderweitig selbst betroffen, bin aber seit Kurzem als Angehöriger direkt betroffen und beschäftige mich auch beruflich mit medizinischen Themen.
Ich kenne daher auch tatsächlich Immuntherapie nicht aus eigener Erfahrung. Was Du schreibst kann ich trotzdem gut nachvollziehen. Bei einem Herzinfarkt unter der Behandlung ist wirklich Schluß, das kann man nicht hinnehmen.
Andere Medikamente, wie z.B. Sutent sollen ja auch ganz schön heftige Nebenwirkungen haben. Wenn man aber mit diesen Medikamenten so lange ohne solch heftigen Nebenwirkungen stabil bleiben kann, ist das ein guter/ besserer Weg. Das muss man wohl genau abwägen.
Ist denn die Immuntherapie allen Patienten so schlecht bekommen? Ich frage mich einfach, ob man sich mit den "neuen" Medikamenten eher Möglichkeiten auf langfristiges Verschwinden der Metastasen nimmt und wie sich das "im Zaum halten" auf lange Sicht anfühlt? Wie wirkt sich das auf Deine Lebensqualität aus? Die Idee der Immuntherapie war ja wohl auch eher, dass man versucht zu heilen, dass man also nicht über lange Zeit diese Tortur auf sich nehmen muss.
Wie gesagt, ich kann da aber nicht wirklich mitreden und wühle mich etwas kopflastig durch die wissenschaftlichen Veröffentlichungen.
Tausend Dank noch einmal für Deine Erfahrungen!
Viele Grüße
Selbsthelfer

Jan64 21.02.2012 18:24

AW: Meinungsaustausch zum Thema Immuntherapie
 
Hallo Selbsthelfer,

man kann sicher über das für und wieder der Targettherapien streiten. Ich sehe dies als eher ethisch und politisch. Für mich als Patient ist maßgebend was mir hier und jetzt hilft. Ich möchte und kann nicht warten bis in der Zukunft irgend jemand den Stein des Weisen findet, ich habe einfach nicht die Zeit dazu. Aber vieleicht komme ich mit den neuen Medikamenten solange über die Runden.
Mit den Nebenwirkungen kommt man ganz gut zurecht, vorausgesetzt man wird gut darauf vorbereitet. Die Lebensqualität ist in meinen Augen ein subjektiver Begriff, jeder hat andere Vorstellungen davon. Ich nehme seit 1,5 Jahren Sutent bei stabiler Erkrankung und fühle mich trotz einiger Nebenwirkungen nicht groß in meiner Lebensqualität eingeschränkt. Es muss halt jeder für sich ausmachen, was er in seinem Leben als Qualität ansieht.

Viele Grüße

Jan

Heino* 21.02.2012 18:57

AW: Meinungsaustausch zum Thema Immuntherapie
 
Hall Selbshelfer,

ich gehöre zu den erfahrensten unter den NZK-Patienten. Vor 19 Jahren hatte ich meine Diagnose, da gab es nur die Chirurgie! (Lies 'mal unter "Mutmachgeschichten", da findest Du mich ausführlicher.)
Als dann nach knapp 2 Jahren wieder Metastasen in der Lunge auftauchten, war ich froh, dass ich an der Studie an der MH Hannover teilnehmen konnte, mit der die Immun-Therapie mit Interferon, Interleukin und 5 FU zur Freigabe kam.
Nach 3 Durchgängen à 8 Wochen waren die Metastasen weg und ich fühlte mich geheilt. Die Belastung der Therapie war aber so heftig, dass ich die OP's an Niere und Lunge, die ich 1993 hatte, dagegen als Spaziergang einstufte. 2004 tauchten dann wieder Metastasen in der Lunge auf, und ich machte nochmal 4 Durchgänge der IMT, die aber am Ende nicht mehr wirksam war. Ein Tumor im Mediastinum war derweil auf 65 mm Durchmesser gewachsen. Nach 2 weiteren OP's an der Lunge bin ich nun seit Sommer 2008 unter Sutent und kann berichten, dass die Nebenwirkungen offenbar nach langer Zeit weniger werden. Ich bin deshalb froh, dass es die Target-Medikamente gibt und dass man mehrere Optionen hat, fall die Wirksamkeit einmal nachlässt.

LG, Heino.

Livia 21.02.2012 19:32

AW: Meinungsaustausch zum Thema Immuntherapie
 
Hallo,
ich habe noch nie von Jemandem gehört, der durch die Immuntherapie "geheilt" wurde. D.h. nach einer Nierenkrebserkrankung und folgender Immuntherapie uralt an einer anderen Krankheit verstorben ist.
Nierenkrebs ist eine chronische Erkrankung. Auch wenn alle Metastasen für sehr lange Zeit komplett verschwunden sind, muss man lebenslang Vorsorgeuntersuchungen machen lassen.
Ich kenne Keinen, der Metastasen hatte, diese durch Therapien komplett verschwanden und nie mehr einen Rückfall hatte.
Sogar nach 18 Jahren Metastasenfreiheit bekam ein Mitglied aus diesem Forum wieder neue Metas.
Ich bin aber deiner Meinung, dass Krebs an sich sehr wohl etwas mit dem Immunsystem zu tun hat. Doch leider hat die Forschung noch nicht den richtigen Schlüssel gefunden, um unser Immunsystem so stark anzukurbeln, dass es tatsächlich schafft, die überaus besonders stabilen Nierenkrebszellen auszumerzen.
Positive Lebenseinstellung, gesunde Ernährung etc. reichen bei Weitem nicht aus.
LG
Sandra

Marita P. 28.02.2012 21:20

AW: Meinungsaustausch zum Thema Immuntherapie
 
Hallo Selbsthelfer,

ich hatte 4 1/2 Jahre die Immun-Chemo-Therapie, ich musste diese immer stationär machen, da ich so hohes Fieber und sehr niedrigen Blutdruck hatte.
Es waren zwar nach dem ersten Zyclus die Metastasen verschwunden, aber es war die Hölle die man durchleben musste. Bei mir wurde dann die Menge auf die Hälfte reduziert, aber ich hatte immer noch Fieber um 40°.
Als es dann 2006 die Targetmedikamente gab war ich froh, dass diese Strapaze zu Ende war. Nun nehme ich die Medikamente schon fast 6 Jahre und bin dankbar, dass es sie gibt. Mir geht es mit den Tabletten viel besser als mit der Immun-Chemo. Ich kann noch sehr viel machen und auch unternehmen. Man muss sich nach den Nebenwirkungen richten und dann kann man damit auch leben. Nachdem ja jeder von uns vor hat noch lange zu leben, werden wir auch alle froh sein, wenn es noch Tabletten gibt die uns helfen und auch wirken.


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