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AW: nun ist es gewissheit...
Liebe Mirabelle,
die ambulante Palliativbetreuung wird vom Palliativnetzwerk koordiniert. Schau mal im Internet, wo das bei euch zu finden ist! Auch das Krankenhaus, in dem dein Vater betreut wird, müsste das wissen. Sollte es dort eine Palliativstation geben, würde ich an deiner Stelle dort gleich am Montag nachhaken. Die können dir sicherlich weitere Tipps geben. In der Regel wird dann ein Antrag dort gestellt und auch vom Hausarzt bestätigt, so dass die Krankenkasse die entstehenden Kosten übernimmt. (Diese Palliativpflege ist unabhängig von der Pflegestufe zu betrachten.) Die Menschen sind speziell ausgebildet, chronisch oder unheilbar kranke Menschen daheim zu begleiten und ihnen so gut es eben möglich ist, die Lebensqualität zu erhalten. Vor allem die Schmerztherapie spielt dabei eine große Rolle. Aber auch die persönliche und mitmenschliche Betreuung ist sehr wesentlich. So haben wir das zumindest erfahren und diese bezieht sich auch auf die Angehörigen. Die Palliative Care Schwester hatte auch für uns und unsere Sorgen, Ängste und Nöte ein offenes Ohr. Sie kam jeden Tag zu meinen Eltern und hat meinen Vater medizinisch versorgt (die Dosierung und oft auch die Zusammenstellung der Medikamente wurde geändert, wenn die Schmerzen zunahmen) und sich mit ihm unterhalten und uns wertvolle Tipps gegeben, die wir dann umgesetzt haben. Außerdem waren wir so halt im Palliativnetzwerk und konnten auch nachts einen Arzt rufen, was wir irgendwann leider in Anspruch nehmen mussten. Ich kann das aus eigener Erfahrung nur weiter empfehlen. Wenn man einen so schwer kranken geliebten Menschen zu Haus begleitet und keine medizinische Ausbildung hat, dann stößt man irgendwann an seine Grenzen... Und wie du den Zustand deines Papas beschreibst... Da musste ich eben echt schlucken. Glaub mir, ich kann verstehen, dass es dich davor graust, deinen Papa allein zurück in die Klinik zu bringen. Die Verantwortung wiegt so schwer... Mach dir bitte keine Vorwürfe aufgrund deiner Gedanken!!! Viele hier werden dich verstehen. Weißt du, ich habe manchmal bereits an die "Zeit danach" gedacht, wenn mein Papa nicht mehr da sein würde und habe ich mich furchtbar dafür geschämt. Auch mir fiel es manchmal schwer, ihn zu besuchen und all das Leid zu sehen. Man möchte einfach nur sein altes Leben zurück, einen gesunden, strahlenden und starken Papa. Und doch weißt du, dass das unmöglich ist. Und den Tatsachen ins Gesicht zu schauen tut unsagbar weh. Die Hoffnungs-Strohhalme, an die wir uns lange Zeit klammerten, sie knicken einer nach dem anderen ab und wir wissen, dass es nicht mehr lange gut gehen wird. Du hast bereits so viele Abschiede genommen, viele tausende und abertausende kleine Abschiede von ganz alltäglichen Dingen, die ihr nicht wieder zusammen werdet machen können. Es tut mir unglaublich leid, denn dein Papa hat meines Erachtens eine besonders arge Krankheitsgeschichte. Unvorstellbar, was er bereits durchgemacht hat und ihr mit ihm. Es ist erstaunlich, woher man immer wieder die Kraft nimmt, wo man doch eigentlich so leer und erschöpft ist, oder? Und doch ist da immer noch Kraft, ganz tief in dir verborgen. Du wirst es schaffen, Mirabelle, ganz bestimmt! Und deine Mama, ich kann auch sie verstehen. Sicherlich hat sie unglaubliche Angst, ihren Mann zu verlieren und vielleicht denkt sie, dass es so eine Art Verrat an deinem Papa wäre, wenn sie Palliativpflege in Anspruch nähme...Jeder versucht ja irgendwie, das Unausweichliche so lange wie möglich aus dem Blickfeld zu verbannen und wartet auf ein Wunder... Doch irgendwann gelangt man an einen Punkt, da man weiß, dass man loslassen muss. Wenn alle Kraft schwindet und die Flamme nur noch zaghaft flackert... Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt... Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark! |
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