Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Krebsarten > Brustkrebs

 
 
Themen-Optionen Ansicht
  #8  
Alt 18.03.2011, 08:41
Zitronengras Zitronengras ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 22.11.2008
Ort: Rheinland
Beiträge: 690
Standard AW: 4 Jahre nach Diagnose und jetzt Burn out?

Liebe Katja,

ich habe 208 Brustkrebs bekommen, mit 35 Jahren. Ich hatte vorher auch kein leichtes Leben, hatte auch vorher schon ein heftiges Ereignis meiner Kindheit, was ich ewig mit rumgeschleppt habe, schwieriges Verhältnis zu Mutter und auch zu Männern, ewig rumstudiert, ich war so ziellos. Dann habe ich Anfang 30 meinen Mann kennen gelernt und so nach und nach Vertrauen ins Leben gefasst, ich fühlte mich zum ersten Mal "richtig", geborgen und bereit, wirklich zu leben.

Wir hatten uns ein Kind gewünscht, nach 5 Monaten porbieren wurde ich schwanger. Ich habe unser Baby in der Frühschwangerschaft (6.Woche) verloren. 6 Wochen später dann: Diagnose Brustkrebs. Schock. In all dem, was dann auf uns einstürzte, haben wir auch noch unter einer Schnellbehandlung Einzellen entnehmen lassen (und Du weißt dann ja, wie es ist und was es kostet). In der OP der Punktion dann: keine Zelle konnte entnommen werden. Alles umsonst. 3 Tage später die erste Chemo (unter Eierstockschutz Zoladex/Enantone). Die Chemozeit war so unendlich hart, nicht nur wg. der Nebenwirkungen, sondern wg. meiner Angst, dass meine Eierstöcke dran glauben und wir unseren Kinderwunsch aufgeben müssen. 7 Monate danach hat mein Zyklus wieder eingesetzt, da war ich erstmal sehr erleichtert.

Alle Nachuntersuchungen waren ohne Befund. WIr probieren jetzt seit 1 Jahr erfolglos, doch noch ein Baby zu bekommen. Ich habe schon einige Phasen durch in dieser Zeit. Hoffnung, es könnte noch klappen, totale Verzweifelung. Neid auf eine Freundin, die ungeplant schwanger wurde (und ihr Baby dann leider tot auf die Welt bringen musste). ich finde es auch sehr belastend, dass die Hofnung noch da ist, so habe ich eine Enttäuschung jeden Monat bzw. mein Zyklus ist noch nichtmal regelmäßig, also sitze ich immer zwischen allen Stühlen.

Was mir sehr sehr geholfen hat ist meine Psychoonkologin, die mich seit der Chemo bis jetzt begleitet hat. Mit ihr konnte ich viele Ängste bearbeiten, manche auch loslassen. Mit ihr habe ich mich auch mit meinem/unserem Kinderwunsch auseinander gesetzt. Ich kann heute sagen, dass ich noch lange nicht fertig bin mit dem Thema (bisschen Hoffnung besthet ja auch noch). Aber es hat sich verändert, gewandelt. Ich habe das Gefühl, es ist, ja, wie soll ich das beschreiben, besser integriert bei mir.

An Anfang war ich so unendlich wütend, auf den Krebs, der mir mein mühsam aufbautes Leben kaputt gemacht hat, so dachte ich. War ja auch so. Ich habe die Ungerechtigkeit so gehasst! Ich dachte, scheiße, jetzt bin ich auch mal dran! Und dann das!! Also ob eine Fehlgeburt nicht schon schlimm genug ist. In den zwei zurückligenden Jahren habe ich dann ganz hart gelernt, dass es im Leben keine Gerechtigkeit gibt. Aber meine Verbitterung darüber hat sich irgendwie nun in etwas wie Akzeptanz gewandelt. Und ja, einen sehr sehr großen Anteil daran hatte die tolle Psychologin, die mich begleitet hat.

Sie sagte mir einmal, dass nach traumatischen Erlebnissen, zu denen auch eine Krebsdiagnose gehört, alte Lebensthemen wieder auftauchen. Das ist ganz normal.

Und, vielleicht auch zur Beruhigung für Dich, sagte sie auch (und sie ist nicht nur Psychologin, sondern auch Ärztin): schlechte Gednaken machen keinen Krebs. Ansonsten könnten auch gute Gedanken Gedanken Krebs heilen.

Bitte schäme Dich nicht für Deine Gedanken!! Es geht beim Krebs nicht nur darum, DASS man lebt, sondern auch WIE man lebt. Was Lebensqualität bedeutet, dass muss jeder für sich definieren. Für mich bedeutet es auch, es zu schaffen, von einem Wunsch Abschied zu nehmen, wenn er nicht zu realisieren ist. Das macht man aber eben nicht einfach so, sondern es ist ein Prozess. VIelleicht wandelt sich der Wunsch im Laufe der Zeit auch.

Ich kann nachvollziehen, dass Du keine Therapie mehr machen möchtest. Aber ich würde Dich doch gern ermutigen, Kontakt mit einer/einem Psychoonkologen aufzunehmen. Krebs ist halt speziell, ich finde, da braucht es auch in der Psychologie einen Fachmann/Fachfrau. Es bringt nichts zu sagen, dann muss ich mich halt zusammenreißen. Das hilft für den Augenblick, aber nicht mehr. Du musst Dich ja auch nicht für eine Therapie entscheiden, vielleicht gibt eine erste Beratung schonmal einen Anstoß.

Ist es vielleicht so, dass Du die letzten 4 Jahre auf "Überlebensmodus" geschaltet hast und Dich an Deinem Kinderwunsch hochgezogen hast und jetzt wo dies recht unwahrscheinlich wird, bricht alles zusammen? Wäre so eine Vermutung von mir, ohne Dich zu kennen, kann auch ganz anders sein. Jedenfalls fände ich das nicht ungewöhnlich. Vielleicht warten da doch noch Dinge, die bearbeitet werden wollen und jetzt hochkommen. Ich finde, man sollte die Ängste, die jeder von uns hat, nicht unterschätzen. Aber sie können einem auch ein Wegweiser sein.

Alles Liebe!


P.S.: Habt ihr mal über Eizellspende nachgedacht? In Deutschland nicht möglich, wohl aber im Ausland. Ist halt nur sehr aufwendig und teuer.

Geändert von Zitronengras (18.03.2011 um 08:46 Uhr)
Mit Zitat antworten
 

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 09:04 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55