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Alt 01.04.2011, 08:11
Alpenveilchen Alpenveilchen ist offline
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Standard AW: mein leben....

Liebe Katrin, Ulli und alle anderen,

ich verstehe Euch so gut. Als meine Grossmutter vor ca 20 Jahren im Endstadium im Krankenhaus lag (Knochenmetastasen nach Brustkrebs) und wir wussten, dass sie das Krankenhaus nicht mehr lebend verlassen würde, besuchte ich sie ein letztes mal. Als ich dann aus dem Krankenhaus ging, habe ich genauso gefühlt.

Warum beschäftigen sich alle mit so banalen Dingen? Wieso dürfen "alle anderen" das Krankenhaus gesünder verlassen und in besserem Zustand als sie eingeliefert wurden, während meine Grossmutter im Prinzip nur da lag mit etwas medizinischer Schmerzdämpfung und auf den Tod wartete, der sich mit strammen Schritten näherte. Draussen im Verkehr dachte ich, wieso kümmern sich andere um so banale Dinge, ob eine Ampel rot oder grün ist? Warum geht die Welt weiter, als wenn nichts passiert wäre? Das mindeste was man zum Respekt meiner Grossmutter hätte erwarten können, wäre, dass die Welt stehen bleibt und nicht einfach weitergeht, ignorant und gleichgültig davor, dass meine Grossmutter nun bald nicht mehr bei uns sein durfte.

Aber die Welt ist nicht gerecht. Ihr schriebt, dass ihr als Kinder so ein liebevolles zu Hause hattet. Viele haben noch nicht einmal das. Wo andere gemütlich und geborgen Weihnachten feiern, haben sie vielleicht Eltern, die sich betrinken und das ganze Fest ist ein einziges Zittern vor Gewalt von den betrunkenen Eltern. Manche verlieren ihre Familien, wie in Japan nach der Katastrophe. Bei manchem sieht das Glück perfekt aus, bis das Schicksal plötzlich zuschlägt. Wir wissen nicht, welche Trauer und Nöte andere erfolgreich vor uns verborgen halten. Deswegen macht es einfach keinen Sinn in dieser Hinsicht an andere zu denken und wie "gut" es denen doch geht oder was die sicherlich denken.

Wenn man einen lieben Angehörigen, Freund oder Freundin hat, der/die an Krebs erkrankt ist, ist es besser, sich ganz auf seine eigene Aufgabe zu konzentrieren und dem- oder derjenigen die bestmögliche Unterstützung und Liebe zukommen zu lassen, ohne dabei sich selbst und das eigene Leben aufzugeben. Das ist eine Riesenaufgabe und diese Aufgabe ist das wichtigste in so einer Zeit.

Andere können so eine Situation oft wirklich nicht verstehen, werden unsicher, trauen sich nicht mehr anzurufen oder Kontakt aufzunehmen, sagen dumme oder ungeschickte Sachen, aber das darf man einfach nicht zu persönlich nehmen. Wer weiss, vielleicht sind sie ja in einigen Jahren in der gleichen Situation. Wir werden immer älter, die medizinische Versorgung wird immer besser und damit steigt auch für jeden die Wahrscheinlichkeit, dass jemand im eigenen Kreise an Krebs erkrankt.

Ganz liebe Grüsse und alle Kraft der Welt
vom Alpenveilchen
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