Wo ein Philosoph ist, kann der nächste nicht ausbleiben
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Recht hast du, lieber Helmut.
Immer wieder bücke ich mich an einem Strand nach den Muscheln, drehe und wende sie, bewundere ihre vollkommenen Formen und Farben, jede Windung ist so deutlich, wie an ihrem Schöpfungstag, sanft geschliffen durch das Auf und Ab der Gezeiten.
Fast atemlos greife ich zur nächsten und zur übernächsten. Was bewegt mich eigentlich, mich immer wieder zu bücken und jede einzelne aufs neue zu bestaunen?
Natürlich schleppe ich meine Beute nach Hause. Nur die schönsten will ich aussortieren und mitnehmen. Doch so weit komme ich gar nicht
- Laurin und Elina, die Enkelmonster, stürzen sich auf meinen Schatz und beginnen ihn unter sich aufzuteilen.
Natürlich geht das nicht ohne heftige Auseinandersetzungen: "Ich will die größte." "Dann kannst du von den kleinen zwei haben." "Aber diese - schau wie rosa die schimmert, die will ich unbedingt." "Und du - warum ist diese so glatt und hat gar kein Muster mehr?" "Die hat das Meer geschliffen." "Das Meer das kann nicht schleifen." "Doch - das machen die Wellen, immer hin und her, jeden Tag, jeden Monat, jedes Jahr." "Duuuhu - und wie alt ist dann diese hier, die ganz glatte?"
Später verhandele ich mit den beiden, mir zwei der
Kostbarkeiten zu überlassen. Und ich weiß, dass sie eines Tages wie ich ihre eignen Muscheln finden werden. Und sie werden sich auch immer wieder danach bücken, so wie ich. Bis sie die schönste, die vollkommenste gefunden haben.
Muscheln von Irland