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Alt 23.11.2011, 17:40
Carlotta76 Carlotta76 ist offline
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Standard AW: Meine Mama hat ein Adenokarzinom (Lunge)

Lieber David,

vielen lieben Dank für Dein Kraft-Paket! Es freut mich sehr, dass Du geschrieben hast, und ich wünsche Dir auch ganz viel Kraft für die kommende Zeit!

Liebe Grüße

Carlotta

Hallo,

heute möchte ich mal wieder schreiben, wie es so geht bei uns.

Meine Mama ist immer noch im städtischen Kreiskrankenhaus (morgen werden das zwei Wochen), sie sagt aber, dass sie momentan dort lieber ist als daheim. Ich denke, das ist das einzige, was zählt. Da ich ja unter der Woche arbeiten muss und ca. 150 km weit weg wohne, telefoniere ich lediglich mit ihr. Mein Papa besucht sie täglich und meinte bis gestern, dass sie einen recht ordentlichen Eindruck auf ihn mache und dass sie auch von sich aus immer wieder mit meinem Papa den Gang auf und ab liefe, um in Form zu bleiben.

Da sie zur Zeit nicht nach Hause möchte, war bis heute im Gespräch, ob sie im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt eine Reha antreten möchte. Es sah so aus, als ob sie nach Freiburg gehen könnte. Freiburg ist ca. 300 km von meinen Eltern und 150 km von mir entfernt.

Heute Morgen hat meine Mama jedoch erfahren, dass der kurzfristige Termin in Freiburg nicht klappt. Sie könnte frühestens in drei Monaten dorthin. Drei Monate - seit meine Mama von der Krankheit erfahren hat, sind für mich drei Monate eine Ewigkeit. Man könnte genauso gut auch von 30 Jahren sprechen, das würde sich ähnlich an fühlen.

Naja, meine Mama und der Chef der Inneren wollen jetzt schauen, ob sich vielleicht noch eine andere Möglichkeit auftut.

Darüber hinaus hat sie mir erzählt, dass sie ein langes und gutes Gespräch mit eben jenem Arzt geführt habe, in welchem sie, wenn es ihr schlechter geht und die Zeit gekommen ist, mit ihm vereinbart habe, dass er alles tut, damit sie möglichst keine Schmerzen hat und damit sie möglichst wenig von der Situation mitkriegt. Meine Mama hat schon lange eine Patientenverfügung, aber sie sagt, es beruhige sie, dieses Gespräch geführt zu haben. Außerdem habe ihr der Arzt erzählt, dass es ca. 25 km vom Wohnsitz meiner Eltern ein kleines Hospiz gebe, auch dies sei gut zu wissen, meint sie.

Ich habe ihr gesagt, dass ich das ganz toll finde, dass sie diese Gespräche führe, so könne sie auch entscheiden, was sie mal möchte, dass es die Selbstbestimmung sei, die so wichtig sei und dass diese ihr niemand - nicht einmal diese furchterregende Krankheit - nehmen könne.

Innerlich hat es mich total zerrissen. Natürlich ist es toll, dass meine Mama sich um all das kümmert. Aber es tut so furchtbar weh. Ich möchte meine Mama nicht verlieren, auch wenn ich weiß, dass ich das tun werde. Ich weiß nicht, wie ich ohne sie leben soll...

Liebe Grüße

Carlotta

PS: Bin verwirrt -
gerade habe ich mit meinem Papa telefoniert, da der mir den Arztbrief von Mamas letzter Kontroole am 12.10.2011 zugemailt hatte. Es hieß ja immer gegenüber meinem Papa - ganz erfreulich, alles verlaufskonstant, wir können so weitermachen (mit Iressa), Weidervorstellung in acht Wochen - . Jetzt habe ich da von "einzelnen Rundherden links" gelesen - was soll das denn? Das Adenokarzinom meiner Mama sitzt im rechten Unterlappen und dies (innerhalb der Lunge) bisher nur dort. Wenn nun einzelne Rundherden links zu verzeichnen sind, dann ist das neu. In der Beurteilung steht dann wieder "... in der Abdomensonographie kann ein stabiler Befund erhoben werden,... im CT Thorax ergibt sich ebenfalls kein Hinweis für eine Tumorprogression..."

Ich habe dann beim Papa angerufen und auf diese - wie ich aus meiner medizinischen Laiensicht meine - Diskrepanz hingewiesen. Mein Papa hat dann gemeint, dies sei in der Tat nicht ganz erklärlich, aber das seien Fachleute und wenn die im Ergebnis von einem konstanten Verlauf sprächen, sollte man ihnen auch vertrauen. Außerdem, so sagte er weiter, sei und bleibe es eben eine infauste Prognose, und wir sollten uns freuen, solange es meiner Mama noch einigermaßen ordentlich ginge.

Es ist, wie schon so oft in meinem Leben, meine Eltern sind vernünftig, und ich komme mir - trotz meiner über 30 Jahre - vor wie ein kleines Kind, das mit der Situation nicht zurecht kommt. Aber ich muss, sie wird sich nicht ändern. Manchmal ist es eben so schwer.

Liebe Grüße

Carlotta (und sorry für den langen Text)