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Alt 28.05.2004, 17:39
Gast
 
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Standard Eine Lanze für die Mediziner...

Hallo Ole,
es ist sicher richtig, dass gerade in den Krankenhäusern die Mediziner und auch das Pflegepersonal unter enormem Druck stehen, lange Dienste schieben, dauernd schwere Schicksale vor sich sehen, Berichte schreiben, behandeln und auch noch den Patienten und ihren Angehörigen hinreichend Zeit widmen sollen, um Fragen zu beantworten, die vielleicht gar nicht alle beantwortet werden können (gibt es Heilung? wie lange noch? wird die Therapie nützen? usw.). Alles zugestanden. Ich verstehe, dass da die Zeit für das Einzelschicksal fast zwangsläufig zu kurz kommt und Patienten und Angehörige sich im Wald stehen gelassen fühlen.

Andererseits glaube ich aber auch, dass die Qualität des ärztlichen Verhaltens (auch) eine Frage sozialer Kompetenz ist. Dies setzt voraus, dass Ärzte entweder diese Eigenschaft haben oder lernen müssen, und DAS steht nun wahrlich nicht auf dem Programm der medizinischen Ausbildung. Gerade viele jüngere Ärzte sind nicht selten im mitmenschlichen Bereich völlig überfordert, um es einmal freundlich auszudrücken. Bei den älteren Ärzten greift mitunter ein eher sarkastisch-distanziertes Verhalten ein, das ich persönlich dann auch eher für unangenehm halte.

Aber es gibt, wie erfreulich, auch immer wieder die anderen Beispiele: Ärzte, die den RESPEKT vor anderen Menschen und deren Schicksal noch nicht verloren haben und trotz knapper Zeit das Gefühl hinterlassen: Ja, doch, bei ihm/ihr fühle ich mich kompetent behandelt und gut aufgehoben. Wichtig ist, glaube ich, in ERSTER LINIE, dass eine optimale Behandlung gewährleistet ist, in ZWEITER LINIE, dass der Patient - ohnehin zunächst mal eingeschränkt in psychischer Hinsicht (Diagnose Krebs! Todesurteil?) und in physischer (spätestens nach der OP ist man als Patient erstmal in jeder Hinsicht sehr geschwächt) sich GUT AUFGEHOBEN fühlt, und in DRITTER LINIE, dass ein vertrauensbildender Dialog zwischen Patienten/Angehörigen und den Ärzten stattfindet. Wenn ich weiß (was es aber erst einmal herauszufinden gilt), dass ein Arzt Spitze ist und ich in guten Händen bin, kann ich viel eher damit umgehen, wenn es sich um eine wortkarge oder brummelige Spezies handelt.

Aber ich gebe Dir recht, Ole: Nicht alle über einen Kamm scheren! Es gibt auch viele Gute! Nur liegen bei Betroffenen und ihren Verwandten die Nerven erst einmal so blank, dass unsensibles Medizinerverhalten erstmal einen ziemlichen Flurschaden anrichtet.

In diesem Sinne viele Grüße, Lea
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