Thema: Ich bin neu
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Alt 04.08.2012, 08:46
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Ich bin neu

Liebe Marina,

es tut mir so leid, dass auch du dich viel zu früh von deiner geliebten Mama verabschieden musst. Oft fühlt es sich an, als sei man in einem Alptraum gefangen und man glaubt, man müsse nur endlich aufwachen und dann sei wieder alles wie zuvor. Leider ist das nicht der Fall, doch deine Seele wird jetzt nur scheibchenweise die Realität verarbeiten können, weil der Verlust deiner Mama so schwer wiegt und die Trauer um sie dich ansonsten mitzureißen droht.

Ich schließe mich AnneSue an und möchte mich bedanken, dass du uns eure Geschichte erzählt hast. Als Außenstehende kann ich dir versichern, dass du dir keine Vorwürfe machen solltest. Du hast alles richtig gemacht, warst immer für deine Mama da und an ihrer Seite und das wird ihr viel Kraft gegeben haben in dieser so schweren Zeit der Krankheit. Liebe Marina, wir alle hier werden immer meinen, zu wenig getan zu haben, nicht oft genug und lange genug am Bett verweilt zu haben, zu wenig Zeit gehabt zu haben... Und dennoch, wir waren da und haben die die Hand gehalten und versucht, ein wenig Zuversicht zu verbreiten und wenn das auch nicht mehr möglich war, dann waren wir einfach da. Es mag dir jetzt im nachhinein wenig erscheinen, doch glaube mir, es ist unendlich viel.
Dass deine Mama ihre letzte Reise dann allein angetreten hat, muss dich auch nicht bekümmern. Wahrscheinlich hatte sie es für sich so entschieden und sie ist dir ja auch erschienen, um sich still von dir zu verabschieden, so wie sie es dir versprochen hatte. Vielleicht wäre ihr der Abschied mit dir an ihrer Seite sehr viel schwerer gefallen und deshalb ist sie in deiner Abwesenheit gegangen.

Ich finde es wunderschön, dass deine Mama dir diese Zeichen gegeben hat. Ich denke, sie möchte dir tatsächlich damit mitteilen, dass für sie alles in Ordnung ist. Sie konnte ihre Reise friedlich antreten und hat nun und für alle Zeit nie wieder Schmerzen und auch keine Ängste mehr. Alles ist gut. Ich weiß, dass dich das nur wenig trösten kann, weil du "zurück geblieben bist", du bist hier ohne sie und kannst dir ein Leben ohne deine Mama nicht vorstellen. Aber aus eigener Erfahrung kann ich dir nur sagen, der Schmerz, den du jetzt empfindest wird sich ändern. Anfangs ist er allüberwältigend und droht, dich mit sich zu reißen wie eine Flutwelle. Du hast das Gefühl, dass du nie wieder aus diesen Fluten auftauchen wirst. Doch du wirst das schaffen. Die Trauer wird dich zwar von nun an begleiten, aber auch sie ändert sich. Es mag seltsam klingen, aber ich beispielsweise habe mich mit dem Schmerz und der Trauer arrangiert. Zunächst einmal habe ich sie zugelassen... Und wie oft habe ich geweint, geschluchzt und geschrien. Manchmal hatte ich dazu auch keine Kraft mehr. Dann fühlte ich mich einfach nur leer. Und dann habe ich gelernt, mich mit der Trauer und dem Schmerz an einen Tisch zu setzen und sozusagen mit ihnen einen Kaffee zu trinken... Da sie mich ja eh begleiten, dachte ich, es sei ganz gut, ihnen mal ins Gesicht zu schauen. Und siehe da, sie verloren ein wenig von ihrer Willkür... Mittlerweile kann ich ganz gut damit leben. Letztlich vergeht kein Tag, an dem ich nicht an meinen Papa denke, doch wenn ich es jetzt tue, dann huscht mir dabei meist ein Lächeln übers Gesicht, weil ich ihn lachend vor mir sehe oder mir fallen einfach schöne Erinnerungen ein... Ich denke, du weißt, was ich meine? Der Weg dahin ist nicht unbedingt einfach, oft steinig und brüchig und niemand kann dir sagen, wie lang er ist. Ich wünsche dir die Kraft, diesen Weg zu gehen und vor allem, deinen eignen Weg zu finden...

Besonders für die Abschiedsfeier am 06.08. wünsche ich dir ganz viel Kraft, doch vielleicht tut es dir auch gut, gemeinsam mit deiner Familie und vielen anderen Menschen ganz bewusst um deine Mama zu trauern... Und AnneSue hat recht, deine Mutter ist dennoch immer "an deiner Seite"

Alles Liebe
Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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