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Alt 29.08.2012, 21:50
dickie dickie ist offline
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Standard AW: Nun ist es vollbracht

Heute nun fand die Beerdigung meines Mannes statt. Wie seltsam ich mich fühlte, wie in Watte gepackt oder als wäre ich gar nicht ich selbst. Meine Kinder und ich hatten einige Stunden mit unserem Pfarrer die Trauerfeier besprochen. Es sollte eine werden, in der nicht die schwere Stimmung und die Traurigkeit alles bestimmten, sondern jeder, der gekommen war, sollte mit leichterem Schritt wieder gehen dürfen. Anfangs spielte das Lied "Over the rainbow", am Ende "Missing you" von Sting, aber nur instrumental. Wir waren überwältigt von den vielen Menschen, die gekommen waren. Einige mussten vor der Kapelle stehen, so voll war sie. Ich weiß nicht, wieviele ich begrüßt und umarmt habe, in wieviele betroffene Gesichter ich geschaut habe und dabei ganz ruhig wurde. Ich sah darin auch die Angst um sich selbst. Das, was uns geschehen war, so schnell und unerwartet, könnte jedem zustoßen.

Ich weiß nicht, woher ich die Kraft hatte am Ende mit meinen Mädchen nach vorne zu gehen und unserer kleine Abschiedsrede vorzutragen. Danach legten wir drei Rosen auf den Sarg und hielten uns eine Weile ganz, ganz fest:

Mein Liebes, es wäre dir nicht recht, so unausweichlich im Mittelpunkt zu stehen und doch ist es so, denn dein Sterben und dein Tod haben uns heute zusammengeführt. Zu schnell und kompromisslos musstest du dich beugen und dabei auch das aushalten, was du immer am meisten gefürchtet hast: Schmerzen.
Die Krankheit bezwang unsere Hoffnung, sie nahm uns die Zeit und beherrschte uns. Sie veränderte alles – aber sie wurde schließlich auch unser gemeinsamer Weg, auf dem wir dich bis zuletzt begleiteten. Ohne sie hätten wir nicht die kostbaren und unvergesslichen gemeinsamen Momente erlebt, niemals hätten wir dir so nahe sein können wie in diesen letzten intensiven Wochen. Du erkanntest mit uns am Ende so offensichtlich den einzigen gültigen Zusammenhang, dem wir alle unterstehen:
A l l e s ist begrenzt, jeder Anfang mündet in einem Ende, aus dem doch immer wieder etwas Neues entstehen kann. Wie in deiner geliebten Bauernwiese, die wir zu deinem Glück und Freude gemeinsam so bunt und vielfältig erblühen sahen.
Was bleibt? Es sind die glücklichen Erinnerungen, die uns keiner nehmen kann, der Stolz auf das, was du uns vorbildhaft vermittelt und mitgegeben hast. Es ist der Trost, dass wir mit unserem Zusammenhalt eine Zeitlang wenigstens dem Unglück trotzen konnten, - und dass plötzlich manches Unmögliche möglich erscheint.

Gäbe es einen Sinn für das Erlebte, wäre es dieser?

Wir drei versprechen dir, alle Lebensaufgaben zu meistern. Wir versprechen dir vor allem wieder glücklich zu werden, denn das war deine größte Sorge. Wir möchten dazu aufrufen, nicht nur mit uns zu trauern um das, was wir verloren haben, sondern mit uns glücklich zu sein, dass wir überhaupt diese Zeit mit dir haben durften.

Nun bin ich unendlich froh, diesen gefürchteten Tag bewältigt zu haben. Allmählich spüre ich aber, dass mein "Panzer" aufbricht und gewiss wird es in den nächsten Tagen schlimme Momente geben und ich alles begreife: nichts wird mehr so sein, wie es war. Ich bin nun allein. Noch immer höre ich seine Stimme ...
Wenn ich im Forum lese, denke ich: Gott sei Dank, wir haben es hinter uns, diese Angst, diese betrogene Hoffnung, das unwürdige Leiden, die Schmerzen. Nun ist es wirklich vollbracht.

Ich grüße alle Betroffenen und Angehörigen von ganzem Herzen
Dickie
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