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Alt 18.06.2004, 16:47
Gast
 
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Standard nicht-kleinzelliges Bronchialcarzinom

Hallo Liz, hallo Willy,

habe in den letzten Tagen zwar gelesen, konnte aber nicht schreiben. Mir fehlten einfach die Worte, ganz typisch für mich. Kann eigentlich immer nur schreiben, wenns mir einigermaßen gut geht.

Zuerst einmal freut es mich, dass es Willy zur Zeit "ganz gut" geht. Hoffe, dass das auch so bleibt. Bist du eigentlich wieder richtig fit, Liz? Dass euer Patenkind nun erst einmal in Sicherheit ist, beruhigt mich sehr. Auch, dass ihr weiterkämpft, auch für die anderen Kinder. Einfach schlimm, dass so etwas passiert.

Ja, wie geht es meinem Mann? Ich kann darauf gar nicht richtig antworten. Er ist mir irgendwie unheimlich im Moment. Also, wie ihr wißt, hat er am letzten Samstag sein erstes Schmerzpflaster bekommen, ein 50er. Daraufhin war er ab Sonntag ziemlich schmerzfrei, konnte besser essen und trinken, war aber ansonsten völlig durch den Wind. Erst viel geschlafen, dann sehr wacklig auf den Beinen, dann völlig aufgekratzt und überdreht. Wie befürchtet, fand der Onkologe dann am Montag die Idee einer Schmerztherapie nicht so berauschend. Hat also erst mal drum gebeten, von diesem hochdosierten Pflaster wieder runterzukommen und mit einem 25er weiterzumachen. Und Chemo hat er am Mittwoch trotz der Schmerzen verabreicht. Eine Pause von 3 Wochen (wegen Portugal) könnte mein Mann sich nicht leisten. Der Wechsel von dem einen zum anderen Pflaster war micht einem richtigen psychischen Zusammenbruch verbunden. Es war einfach schrecklich. Das Pflaster ist jetzt geringer dosiert aber er hat auch wieder Schmerzen, nicht nur beim Essen und Trinken. Es zerreißt offensichtlich alles seinen Brustkorb. Er steht völlig neben sich, trifft total unlogische Entscheidungen und ist sehr aggressiv. Er schnauzt die Kinder an und merkt es noch nicht einmal. Die Schmerzen treiben ihm die Tränen in die Augen. Was das Schlimmste ist: Er will auf jeden Fall nach Portugal. Er kann nicht essen, nicht trinken, ist psychisch voll daneben und die beiden Mitfahrer sind gut drauf und wollen dort ihren Spaß haben. Ob er sich eine Woche so zusammenreißen kann? Denn das tut er ständig, sowie jemand anderes dabei ist.

Es ist im Moment eine Gradwanderung. Ich will ihn nicht bevormunden und ihm nicht das Gefühl geben, dass er alleine nicht entscheiden kann. Vor allem wünsche ich mir ja selber, dass ihm Portugal einfach vergönnt ist. Er tut mir so wahnsinnig leid, dass ich die Schmerzen schon fast selber spüre. Es reißt mir echt das Herz raus. Vor allem diese Veränderung. Damit komme ich am wenigsten klar. Er ist entweder total agressiv oder total traurig. Er spricht total laut und übersprudelnd. Ob sich das alles einspielt? Unsere Kinder haben richtig Angst vor ihm und seinen Wutausbrüchen. Wie belastbar sind Kinder? Ich habe das Gefühl, sie freuen sich förmlich darauf, dass er nächste Woche in Portugal ist.

Montagnachmittag hat er noch mal einen Termin in der Strahlenklinik. Ob das wirlich noch Nachwirkungen der Bestrahlung sind? Die Behandlung ist seit 2 Wochen vorbei und die Schmerzen werden seitdem jeden Tag schlimmer. Außerdem spricht er nun von Schmerzen im ganzen Brustkorb und nicht mehr nur in der Speiseröhre.

Es klingt sicher dramatischer als es ist, ich denke, wir müssen uns erst an diese Situation gewöhnen. Ihr wißt ja, bisher gehörten wir ja zu den Glücklichen, die über einen Zeitraum von fast 10 Monaten außer der psychischen Belastung von sonst fast allem verschont geblieben sind.

So, nun habe ich es mir von der Seele geschrieben. Das machts zwar nicht besser, aber leichter. Danke, fürs Zuhören.

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende, liebe Grüße von Monika
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