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Alt 24.10.2012, 12:47
Chrissylie Chrissylie ist offline
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Registriert seit: 01.05.2011
Ort: Tamm bei Ludwigsburg
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Standard AW: Trauer und körperliche Wehwehchen

Liebe Sarah,

als ich Deinen Beitrag gelesen habe, musste ich sofort losweinen. Es tut so gut, zu lesen, dass ich nicht alleine bin und ich kann so gut nachvollziehen wie Du Dich fühlst.
Meine Mama ist letztes Jahr im April nach langem Leidensweg mit dieser beschissenen Krankheit von uns gegangen, ich lag im Krankenhaus neben ihr im Bett als sie gegangen ist. Einen Tag nach ihrer Beerdigung hat mein Papa die Diagnose Lungenkrebs bekommen. Nicht einmal ein halbes Jahr später ist auch mein Papa im September plötzlich und völlig unerwartet von uns gegangen, ich bekam die Nachricht während einer Vorlesung als er schon auf der Intensiv lag und nicht mehr ansprechbar war. Als ich von meinem Studienort nach Hause bzw. ins Krankenhaus gefahren bin und endlich bei ihm war, ist er eine halbe Stunde später zu meiner Mama in den Himmel gegangen. Ich habe mit 24 Jahren meine über alles geliebten Eltern innerhalb von 5 Monaten beide verloren und bin seitdem ein anderer Mensch. Mein Kinderzimmer, mein Elternhaus, meine Heimatstadt...alles weg.
Ich habe noch 3 Geschwister, alle haben daran zu knabbern aber nur ich leide so stark darunter. Ich hatte die innigste Beziehung zu Mama und Papa und darunter leide ich heute. Seit Anfang des Jahres leide ich unter psychosomatischen Störungen. Am schlimmsten sind meine Beine....meine Beine kribbeln, elektrisieren, die Muskeln zucken, sie brennen, es fühlt sich an wie tausend ameisen, manchmal tut es richtig weh...anfangs hab ich mich so da reingesteigert, dass ich überzeugt war, dass ich eine schlimme Krankheit habe...es ist alles ausgeschlossen, das hat sich die Psyche ausgedacht und sich so sehr verinnerlicht, dass es jetzt sehr fest verankert ist. Mittlerweile bin ich soweit, dass ich weiß, dass es psychisch ist, und merke auch, in welchen Situationen es am schlimmsten ist. Also wenn ich darauf achte, Stress habe oder besonders traurig bin....Ich bin seitdem in Verhaltenstherapie bei einer Psychotherapeutin. Es hilft, darüber zu sprechen und zu verstehen, dass diese Symptome ein Zeichen meiner Trauer sind...aber wegzaubern kann die Therapeutin sie leider auch nicht. Sie sagt, dass das lange dauern kann und vielleicht werden diese Symptome in bestimmten Situationen auch immer wieder auftreten...ich wünsch mir nur nichts sehnlicher, als dass sie weniger werden oder mich mal ein paar Tage in Ruhe lassen könnten. Aber so lange ich das alles nicht verarbeitet habe, wird das wohl nicht besser. Ich habe seitdem auch sehr damit zu kämpfen, dass mein Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen bzw. Selbstwertgefühl total verschwunden ist...ich weiß nicht warum, ich bin total unsicher seit dem Tod meiner Eltern....und das macht mich alles zusätzlich fertig.
Die Therapeutin hat auch mich daran erinnert, dass ich mir das alles leichter machen könnte mit Anti-Depressiva...aber das möchte ich nicht. Ich möchte es alleine versuchen bzw. versuche ich es seit 2 Wochen mit Johanniskraut und hoffe, dass mir das ein wenig hilft.
Ansonsten mache ich Sport, ich gehe viel Joggen weil mir das so Spaß macht und ich dabei einen klaren Kopf bekomme und es mir für ein paar Stunden danach viel besser geht. Vielleicht hast Du auch eine Sportart, die auf Dich ähnlich wirkt? ODer einfach spazieren gehen, raus an die Luft so oft es geht. ICh finde es auch sehr hilfreich, laut Musik zu hören und dabei mitzusingen, auch wenn ich gar nicht singen kann
Ich hoffe, dass ich Dir ein bisschen helfen konnte, einfach auch damit, dass Du weißt, dass Du nicht alleine bist.
Liebe Grüße,
Chrissy
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Ich vermisse Euch so sehr!

Mama 03.08.1952-26.04.2011

Papa 19.06.1948-29.09.2011
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