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Alt 25.11.2012, 12:09
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Woher Hilfe? An wen wenden?

Guten Morgen Petra,

hab mal nachgesehen. Sabbimaus war seit ihrem Post nicht mehr on. Vielleicht weiß sie gar nicht, was aus ihrem Thread geworden ist. OK, man kann ja auch als Gast lesen. Trotzdem finde ich, daß diese Entwicklung nicht so ganz daneben ist.

Ich bin überrascht von der Ehrlichkeit und dem Mut (?) mit dem nicht nur du hier schreibst. Deine Posts habe ich mehrfach gelesen. Habe versucht dich zu verstehen und mir Gedanken gemacht. Ich will mir nicht anmaßen, der große 'Versteher' zu sein, dazu fehlen mir die Voraussetzungen. Ich kann nur zurückdenken an meine akute Zeit und auf dieser Basis so einiges für mich nachvollziehen. Das ist für mich der einzige Weg, wenn ich zumindest teilweise verstehen möchte. Trotzdem bleibt das gefährlich, da ich nicht wissen kann, ob meine Gedanken nicht vielleicht doch in die falsche Richtung laufen.

Naja, was soll man sonst machen, wenn man mit jemandem reden möchte in Situationen wie deiner oder anderer aus diesem Thread/diesem Forum. Diese Gefahr muss man eingehen. Du hast es selbst angesprochen und ich auch: jeder ist letztendlich für sich selbst verantwortlich und niemand kann so ganz in die Gedankenwelt des anderen eindringen. Nur, versuchen sollte man es, soweit der andere es zulässt, ansonsten ist alle Schreiberei und jedes Gespräch sinnlos.

Du hast erneut die Liebe zu dem oder der Betroffenen angesprochen. Nun ja, man kann nun wirklich nicht behaupten, daß wir uns alle im üblichen Sinne liebten oder wir reale Freunde wären. Warum also dann? Nenne es Nächstenliebe oder einfach: da ist ein Mensch mit schweren Problemen und dieser Mensch ist mir wichtig und ich nehme ihn ernst. Bereits das sollte Grund und Motivation genug sein. Wenn man so will, auch eine Form der Liebe.

Damals, vor nun fast 5 Jahren, habe ich selber geschrieben: "Ich brauche keinen Psychiater. Ich lasse mir meine Trauer nicht schönreden." Dazu stehe ich auch heute noch. Wohl bemerkt, das gilt für mich, nicht unbedingt für andere. Miteinander schreiben, reden, das ist das gleiche. Eine Lösung habe ich nicht für dich oder andere. Nur, wenn ich schreibe, daß ich das Leben (wieder) schön finde, so gilt das für mich. Für dich und andere heißt das nur, dass ich für mich einen Weg gefunden habe aus genau den gleichen Löchern heraus zu kommen. Ein Beispiel also, das sicherlich ein bisschen Mut machen kann (und auch soll ).

Genau wie du habe ich mich auf diese schwarzen Löcher eingelassen. Voll! Es war grausam. Die Frage ist, wie komme ich da wieder raus? Denn ein Scheitern hätte katastrophale Folgen für mein Leben gehabt. Ich denke, da unten, ganz tief, da steht das Gespenst der Depression im Raum. Nimmt sie einen in Besitz, dann kommt man ohne fremde Hilfe nicht mehr raus aus dem Loch, weil man es vielleicht nicht mehr will, man keinen Willen mehr besitzt. Du hast das angesprochen. Der einzige Ausweg bleibt die Katastrophe für das Leben. Wobei man das vermutlich dann gar nicht als solche ansieht? Doch was spricht gegen ein zeitweises Funktionieren in der Oberwelt? Nichts. Dieses Recht hat man. Nicht die Pflicht.

Neulich sah ich einen Film über Gletscher in Island. Zwei Forscher kletterten in eine Gletscherspalte. Das Eis knackte vernehmlich, es war in Bewegung. Jederzeit könnte die Spalte ruckartig enger werden, zugehen. Die einzige Sicherung waren Seile, die oben von anderen gesichert wurden. Im Notfall könnte man die Beiden schnell nach oben ziehen. Was brauchten die Beiden da unten in der Spalte, um sich in eine so große Gefahr begeben zu können? Risikobereitschaft, Mut, Vertrauen und Menschen, die oben standen und im Notfall eingreifen können. Ohne diese wird das Ganze zum Glücksspiel. Tausendmal kann es gut gehen. Beim tausendunderstenmal geht die Spalte zu. Ok, das wars dann. Ende.

Vertrauen nicht nur in andere, vor allem auch in sich selbst. Daß man zumindest glaubt, genug Kraft zu besitzen, im Notfall wieder nach oben zu kommen. Und in die Anker, die ins Eis geschlagenen Haken. Für mich waren es meine Kinder, ganz besonders meine Enkel, und nicht zuletzt Freunde. Die sagten: "Seil dich ab. Geh runter. Ich halte dich." Nur wer unten ist, kann auch wieder nach oben klettern im Bewusstsein der Gefahr. Das ist wohl bemerkt ein Weg. Ganz sicher nicht der einfachste, ungefährlichste, und bei weitem kein Muß. Doch je nach individueller Situation ohne Alternative. Man sucht ihn sich nicht aus.

Das ist jetzt auch nicht das Wort zum Sonntag . Nur so meine Gedanken.


Fühl dich gedrückt,

Helmut
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Geändert von HelmutL (25.11.2012 um 12:18 Uhr)
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