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Alt 24.09.2004, 12:22
Gast
 
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Standard Mantelzelllymphom

Liebe Pucki,
du hast einiges durchgemacht. Manchmal könnte man echt verzweifeln, weil man einfach das Gefühl hat, nicht ernst genommen zu werden. Bei mir war es am Anfang ähnlich. Die erste Schwellung am Hals hatte ich im August 2000 entdeckt und habe sie einen Monat lang beobachtet. Es hat sich nichts verändert. Da ohnehin ein Termin beim Internisten anstand wegen der Schilddrüse, habe ich ihm das auch gezeigt. Er hat es nicht mal für nötig gefunden, sich diese Schwellung näher anzusehen und abzutasten. Er hat eine Rö.-Aufnahme der Lunge angeordnet; das (diese Schwellung) könnte die Lungenspitze sein - LACH!!! Natürlich hat sich nichts gezeigt. Dann habe ich es meiner Hausärztin gezeigt. Sie hat meinen Hals abgetastet und hat einen kleineren und einen größeren Knoten ertastet und hat mich sofort an eine hämatol. Ambulanz verwiesen - Wartezeiten zwischen 6 Wochen und drei Monaten. In Karlsruhe war die kürzeste Wartezeit; also habe ich mir dort einen Termin geben lassen. In der Zwischenzeit war ich noch beim Gyn.; von dieser Seite war nichts festzustellen. Auch die Ärztin, die mich dann in der häm. Amb. untersucht hat (abtasten und Ultraschall) konnte nichts entdecken. Ich selbst konnte zumindest den größeren Knoten schon seit geraumer Zeit selbst fühlen. Drei Wochen später hatte ich einen Termin zur Besprechung der Untersuchungsergebnisse, bei der der Chefarzt anwesend war. Er hat mich mit den Worten empfangen: "Wer will Ihnen denn einreden, dass Sie krank sind?" Ich weiß nicht, weshalb er so dumm dahergeschwätzt hat. Auf jeden Fall stand in dem Bericht an meine Hausärztin etwas von den Knoten, die man beobachten solle. Das habe ich auch getan. Dann war ich nochmals bei dem Internisten und habe da Dampf abgelassen. Ich glaube, so hat er noch keinen Patienten erlebt. Er hat dann gemeint, die Untersuchung wäre ja noch gar nicht abgeschlossen gewesen, und wollte meinen Hals abtasten. Ich habe nur zu ihm gesagt: "Fassen Sie mich nicht an!" Er hat sich entschuldigt, und es würde ihm halt Leid tun, wenn da jetzt wirklich etwas Bösartiges dabei herauskäme. Ich habe ihm geantwortet: "Wenn ich Ihnen Unrecht getan habe, werde ich mich in aller Form bei Ihnen entschuldigen!" Das hat sich ja erübrigt. Auf jeden Fall wuchs der Knoten in den folgenden Monaten und war auch von außen gut sichtbar. Wegen einer Darmoperation zwei Jahre zuvor hatte ich einen Termin für eine Koloskopie bei einem anderen Internisten. Dem habe ich die Sache geschildert, und er hat gemeint, dass der Knoten schnellstens entfernt und pathologisch untersucht werden müsse. Ich bin danan noch eine Woche in die Türkei gefahren. Und gleich nach der Rrückkehr hatte ich einen Termin beim Chirurgen. Am 1. Mai bin ich offiziell in den Ruhestand gegangen und am 3. Mai bekam ich das Ergebnis: bösartig. Das war schon irgendwie eine makabre Situation, aber so spielt eben manchmal das Leben.
Danach lief aber alles wie am Schnürchen; zunächst diverse Untersuchungen wie Endoskopie, Gastroskopie, Beckenkammstanze, CT, PET - es war nirgends mehr etwas zu entdecken. Dann bekam ich 20 x Strahlentherapie und war danach eigentlich in völliger Remission. Aber nach acht Monaten kam schon das erste Rezidiv; die gleiche Prozedur wie oben, nur ohne PET. Inzwischen war auch das Knochenmark "beteiligt". Beim Darm war man sich nicht ganz sicher. Und danach die erste Chemo (CHOP). Nach zehn Monaten das zweite Rezidiv; dieses Mal Chemo in Verbindung mit Antikörpern. Speziell auf die Antikörper habe ich sehr schnell und gut reagiert. Übrigens bekam ich die zweite Chemo in Karlsruhe unter dem Chefarzt, der zuvor diese blöde Bemerkung gemacht hatte. Das habe ich ihm bei passender Gelegenheit gesteckt, und wir hatten das beste Verhältnis. Ich konnte über alles mit ihm reden und bekam auf jede Frage eine Antwort. Und jetzt muss ich eben abwarten, wie es weiter geht.
Wenn ich lese, dass du Kinder im Alter von 10 und 16 Jahren hast, dann fehlen mir einfach die Worte. Ich bin doch einige Jahre älter. Aber du darfst nicht aufgeben. Inzwischen hat sich viel getan, und die Überlebenschancen sind ganz beträchtlich gestiegen. Dass du eine Scheißangst hast, verstehe ich sehr gut. Ich hoffe, dass dein Mann dich auffängt, wenn du am Boden zerstört bist; dass er eine Schulter zum Anlehnen hat, wenn du sie brauchst.
Ich wünsche dir alles Liebe und Gute und viel Kraft für die Zeit, die vor dir liegt. Du kannst mir gerne auch privat mailen. Meine Adresse: Brigitte-Hn@gmx.net
Liebe Grüße - Brigitte
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