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Alt 28.07.2016, 13:21
Lella Lella ist offline
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Standard AW: Wir haben doch so gekämpft.....

Ihr Lieben

Ich finde die Diskussionen hier sehr bereichernd. Wohl kaum an einem anderen Ort kann man so gut aussprechen, was man wirklich denkt. Kaum an einem anderen Ort kommen so viele verschiedenen Gedanken zusammen Jeden eurer Gedankengänge kann ich nachvollziehen. Viele von euch sind noch nicht so „weit“, ja das mag stimmen. Vielleicht wird eurer Weg aber auch ein anderer sein als meiner oder als der von anderen Hinterbliebenen. Ich glaube einfach, dass es wichtig ist, dass man wieder lernt, dass man selber auch einen Teil des Lebens bestimmen kann und nicht einfach alles mit einem passiert…

Auch ich mache mir immer noch viele Vorwürfe. Mein Mann wollte unbedingt nach Hause. Auch er kam eigentlich ins Krankenhaus mit dem Ziel die 2. Chemo zu machen, niemand ahnte, dass er es nicht mehr lebend verlassen würde… Ich habe verhindert, dass er seine letzten Tage zu Hause verbringen konnte. Ich habe meine Bedürfnisse und meine Angst über seine gestellt. Ich habe es nicht einmal versucht. Nein, noch schlimmer, ich habe ihn mit Gesprächen über Hospiz und Palliativeinrichtungen gequält. Ich auch mal richtig böse zu ihm, wenn er zugedröhnt von Medikamenten oder einfach zittrig auf den Beinen zum xten Mal sein Glas ausschüttete… Manchmal bin ich vor Erschöpfung einfach eingeschlafen, wenn er noch reden wollte. Ach, ich hätte auch so gerne so viel anders gemacht und noch gesagt. Aber diese Chance habe ich nicht mehr.

Aber ich habe die Chance, mein Leben nun jetzt zu gestalten. Das ist schwierig und auch ich kann das nicht jeden Tag. Manchmal schaffe ich ganz kleine Dinge nicht. Manchmal denke ich, es geht nicht mehr weiter und ich werde nie mehr glücklich. Und oft freue ich mich nur mit einem schlechten Gewissen und mit sehr viel Wehmut. Aber ich habe dann zum Glück ein Umfeld, dass mir auch immer wieder sagt, hey, jetzt bitteschön, Du lebst. Du bist nicht mitgestorben und Du darfst Dich freuen. Und wenn Du etwas nicht kannst oder willst, dann lass es. Und genau das möchte ich auch euch sagen. Achtet auf euch. Und dann geht es Schrittchen für Schrittchen weiter. Manchmal auch einen oder zwei Schritte zurück. Aber es geht weiter. Jede in ihrem Tempo.

Ich wünsche allen einen guten Tag mit mindestens einem kleinen Moment der Freude und einem Lächeln.
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