Einzelnen Beitrag anzeigen
  #617  
Alt 01.11.2004, 19:08
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Wechsel vom Angehörigen zum Hinterbliebenen

Hallo Tratschie-Runde,
ist ja richtig viel passiert hier auf der Runde. Das ist das Tolle hier, jeder erzählt etwas, ohne dass es dabei immer traurig ist. Versteht mich nicht falsch, Trauer muss schon sein, aber manchmal muß man auch über etwas Schönes schreiben, seis ein Kinobesuch, eine Reise oder von Katzen.
Susanne wird uns bestimmt noch was aus der Türkei berichten. Ja so ein bißchen Sonne um diese Jahreszeit tut sicher sehr gut. Wie schon gesagt, ich werde mich auch aufraffen, nächstes Jahr alleine eine Reise zu machen. Heuer habe ich ja keinen Urlaub mehr. Irene, das mit der Kur habe ich mir sowieso gleich wieder aus dem Kopf geschlagen. Wurde nur so in der Trauergruppe vorgeschlagen. Wie schon gesagt, will mich nicht total in meiner Trauer vergraben. Ein weiterer Grund ist, dass das alles von Ordensschwestern geleitet wird. Ehrlich gesagt, von diesem gläubigen (scheinheiligen) Getue bin ich nicht so sehr angetan. Und den letzten Rest Glauben den ich noch hatte, habe ich am 04.08.2004 verloren. Ich gehe aber trotzdem fast jeden Tag auf den Friedhof, zuhause ist mein Schatz allerdings viel näher bei mir, hier erinnert alles an in.
Erzählt ein bißchen, wie Euer Tag heute so war. Einige werden ja heute wieder zur Arbeit gegangen sein, einige noch den Feiertag genossen haben. Mein Tag war heute sehr hektisch. Vormittags habe ich mein Auto geputzt. Mein Sohn war zum Essen da, also habe ich danach gekocht. Als er fort war, bin ich unter die Dusche. Plötzlich stand mein Schwager da, wollte seinen Bruder am Grab besuchen. Es war der erste Kontakt seit der Beerdigung. Ich habe es aber stark gefunden, dass er einfach mal kurz auf einen Kaffee vorbeischaut und ans Grab geht, er wohnt immerhin 300 km entfernt. Danach habe ich meine Pflicht getan. Meine Mutter hat uns alle ans Grab von Vater "beordert". Danach habe ich mir von meinen Geschwistern angehört, wie schlecht es allen gesundheitlich und wie gut finanziell geht. Ich habe mich dann bald wieder verabschiedet. Aber jetzt haben sie es mir wieder alle gezeigt, wie gut es mir doch geht. Und weil heute das Wetter so schön war, bin ich zu Fuß zum Friedhof und habe gleich noch einen langen Spaziergang angehängt, um den Kopf wieder frei zu bekommen. Auf dem Heimweg habe ich einen Bekannten von Andreas getroffen, er hat mich ins Haus gebeten und wir haben lange geplaudert, es hat gut getan. Danach habe ich noch eine Bekannte getroffen, die hat mich noch ein Stück begleitet, haben uns auch noch gut unterhalten. Also es gibt sie doch noch die Leute, die uns guttun. Man muß sie wahrscheinlich wirklich im entfernteren Bekanntenkreis suchen. Am Friedhof von meinem früheren Heimatort ist heute auch eine Frau auf mich zugekommen, habe sie zuerst gar nicht mehr erkannt. Sie hat mir gesagt, dass sie das von meinem Mann gelesen hat und einfach angeboten, sie ruft mich mal an und lädt mich zum Kaffee ein. Sie hat mich danach sogar noch in den Arm genommen, das hat schon lange keiner gemacht. Ich fühle mich jetzt eigentlich mal ausnahmsweise ganz gut (darf ich das so schreiben, oder muß ich mich dafür schämen?)
Liebe Irene,
Du wirst sehen, wir beide lernen das auch noch mit der Ablenkung. Barbar und Beate sind hier schon tolle Vorbilder. Und das ist gut so.
Liebe Beate,
das mit den Kindern soll uns wahrscheinlich nicht so sehr belasten. Im Großen und Ganzen sind sie doch in Ordnung. Nächsten Sonntag kommen alle wieder zu mir.Wahrscheinlich möchten wir doch gar nicht, dass sie uns jeden Tag von morgens bis abends auf der Pelle hocken. Wir wollen doch auch mal tun, was wir wollen ohne Rücksicht auf die Kinder. Ich bin jedenfalls schon froh, dass meine erwachsen und selbstständig sind.
Liebe Barbara,
schön, dass Du so gerne spazieren gehst. Ich werde mir ein Beispiel an Dir nehmen, es tut wirklich gut.
Ich wünsche Euch allen einen schönen Abend und eine schöne Woche, so dass wir am Freitag wieder stolz zu uns selbst sagen können, wir habens wieder geschafft.
Viele Grüße
Thekla
Mit Zitat antworten