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Alt 23.01.2005, 19:48
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Standard Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972

Liebe Claudia,

vermissen tue ich meinen Vater noch immer. Ich weiß, dass er mir auch jetzt, wo Wolfgang krank ist, bestimmt ganz toll zur Seite stehen würde. Vor allem, gehörte er zu den Menschen, die zupacken konnten, ohne viel zu fragen. Aber heute weiß ich, dass dieses Leben unter so vielen Schmerzen, die er erleiden musste, für ihn nichts mehr gewesen wäre. Und darum bin ich überzeugt davon, dass er es da, wo er jetzt ist, besser hat. Er war 56 Jahre alt, als er starb. Viel zu früh. Für ihn selbst, für mich aber vor allem für meine Mutter.

Um aber zu dieser Erkenntnis zu kommen, habe ich ein paar Jahre gebraucht. Mein Vater hatte zum Schluss Metastasen im Rückenmark und die führten dazu, dass er ein paar Tage, bevor er starb, seine Beine nicht mehr bewegen konnte. Er war gelähmt. Das war für ihn ganz schrecklich und von da an wollte er nicht mehr. Trotzdem habe ich weiter versucht ihn zu motivieren und selbst nach seinem Tod habe ich immer wieder trotzig gesagt: Lieber würde ich ihn täglich im Rollstuhl spazieren fahren, als ihn auf dem Friedhof zu besuchen.

Ja, es hat Jahre gedauert, bis ich diesen Groll ablegte und endlich akzeptierte, dass alles andere nur eine Verlängerung seiner Leiden gewesen wäre und keine Verlängerung seines Lebens. Außerdem gab es damals noch gar nicht solche lebensverlängernden Möglichkeiten wie heute. Nach der Aussage des Arztes "Sie haben noch zwei Wochen" hat man noch eine Chemo gemacht, die das Ganze 6-8 Wochen verlängern sollte. Das hat auch zeitlich in etwa geklappt.

Ja, ich vermisse ihn schrecklich. Aber so, wie er zu gesunden Zeiten war. Und daran habe ich auch noch unendlich viele schöne Erinnerungen, die mir keiner nehmen kann. Auch an seinen Leidensweg kann ich mich noch gut erinnern, aber inzwischen nicht mehr horrormäßig, sondern einfach realistisch. In die Waagschale geworfen, überwiegen eindeutig die positiven Erinnerungen und vor allem all das, was er mir mit auf den Weg gegeben hat. Und dafür ist nicht die Länge eines Lebens ausschlaggebend sondern die Intensität, mit der man es gelebt hat und was man an andere weitergegeben hat. Und das hat mein Vater wirklich gut drauf gehabt.

So gern, wie ich dir sagen möchte: Alles wird gut! Ich kann es nicht. Ich hoffe es ja selber, dieses Mal auf meinen Mann bezogen. Aber leider gibt uns dafür niemand eine Garantie. Ganz im Gegenteil, die Fakten sprechen leider absolut dagegen. Aber trotzdem, genieße jeden Moment und wenn es noch was gibt, was du gerade rücken möchtest, dann tu es. Du wirst später Gott sei Dank aus der ganzen Erinnerung schöpfen können, und nicht nur aus den letzten Monaten. Das macht die Sache etwas leichter. Zeit heilt wirklich Wunden.

Alles Gute für dich von Monika
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