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Alt 29.03.2005, 00:42
Gast
 
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Standard Selbst betroffen...

Liebe Britta

Unsere Boys sind 20 und bald 25 und selber seit Geburt chronisch krank (der jüngere hat ne tödlich verlaufende Stoffwechsel - Lungenerkrankung), also ist das Kranksein für sie nichts neues. Und doch was mit Willy abläuft hat sie sehr verändert.

Ist komisch, im Spätsommer (September 2002) also 2 Monate vor der Diagnose, als die Symptome erst anfingen, standen wir 3, die Jungs und ich sowie der Freund von Marc (der ca. 1,5 Jahren bei uns wohnte) in der Küche und besprachen Willy's Vorbereitungen zum 50. Geburtstag im November. Ein Fest war geplant. Da war Willy schon in Behandlung und auf dem Rö. Bericht stand das erstemal "DD Pancoast T.". Damals wusste ich, obwohl ich Krankenschwester bin, noch nichts von einem Pancoast. Ich hab den 3 Jungs vom Bericht berichtet und gesagt ich habe das "ungute Gefühl" das Papi Lungenkrebs haben könnte. Alle 3 beschwichtigten und sagten, das wird es sicher nicht sein, er sieht ja gesund aus. Die Schmerzen kommen sicher vom Rücken. Na ja, anfangs Nov. 2002 war es dann def. ein Pancoast und unsere heile Welt stürzte ein!

Anfangs, als wir die Diagnose bekamen, noch am gleichen Abend als Willy im Schlafzimmer lag und weinte, und ich Pascal mitteilte, dass sein Dad Lungenkrebs hat liess er mich im Wohnzimmer stehen und rannte heulend zu ihm und legte sich neben seinem Dad ins Bett, dort verharrten sie Stundenlang und heulten. Der ältere schloss sich ins Zimmer ein und kam dann später zu mir um mehr zu erfahren. Pascal (der Jüngere) der hat viel Anteil genommen in den ersten Monaten, war oft in der Klinik, kam mit zur Chemo wenn er konnte und hat sehr, sehr viel geweint und geredet - was für mich auch ne Stütze war. Marc hat sich ins Schneckenhaus zurückgezogen, versuchte sich so zu schützen - udn das hat mir wie dir grosse Angst gemahct. Wir hatten aber den Vorteil er war in Psychotherapie, weil er im Tram Opfer eines Gewaltverbrechens wurde und an einem post traumatischen Syndrom litt - ich sprahc mit dem Therapeuten und er hat ihn gut aufgefangen. Nur in die Klinik schafft er es nicht bis heute fast nie, wir respektieren aber das. Pascal kam in die Klinik als Willy aus der Op. kam, wir gingen gemeinsam auf die IPS, ich habe ihn zwar darauf vorbereitet was er da erleben könnte, aber er wollte mit, dann als wir bei Willy waren wurde es ihm schlecht sein Papi so zu sehen - er musste raus. Als Willy Chemo/Bestrahlung hatte (noch vor der Op.) konnte vor allem Pascal nichts mehr davon hören. Willy hingegen hatte das Bedürfnis sich mitzuteilen, somit gab es zwischendurch Konflikte.

Heute leben die Jungs ein "fast" normales Leben, die Panik hat der Routine gewichen, kein Zurückziehen, nur wenn sie wieder von mir hören, dass ich Willy in die Klinik bringen musste kmmmt ein wenig dieser Panik wieder hoch, denn sie merken immer deutlicher wie schnell es geht. Morgens Tschüss sagen und ein paar Stunden später auf dem Notfall. Da dies schon so oft passiert ist, ist auch dies für sie Teil des Ganzen geworden. Pascal hat in der Zeit zwei Arbeitgeber gehabt, Praktikum udn nun Lehrbetrieb, beide sind absolut super und stützen wo sie nur können, ohne grosses durmlalala kann er sofort heim kommen oder in die Klinik. Was er aber nur selten ausnutzt. Er kann wenn alle Stricke reissen auch ein paar Tage daheim bleiben. Auch als in dieser Zeit 2 unserer Katzen starben, die eine mussten wir einschläfern, haben sie ihn sogar zum Tierarzt gefahren damit er dabei sein kann. Marc ist in einer anderen Stadt für seine Aubsilgung, da er sie in einer Behindertenwerkstatt absolvieren muss. Der eine Chef (Leiter Soz.dienste) ist sehr hilfsbereit) aber sein direkter Coach ist ein, wie man unschön auf englisch sagt "pain in the neck or ar....". Er übt auch enormen Druck auf M. aus wenn er nur krank ist. Und doch auch er kann heim kommen falls es nötig ist.

Heute haben die Jungs eher Probleme damit, dass sie nicht realisieren oder wahrhaben wollen, dass für uns das Leben recht mühsam geworden ist und sie an sich behinderte Eltern haben, wir sehr müde sind und nicht immer alles erledigt haben können wie sie es gewohnt waren. Da sie es tagsüber nicht sehen, sehen sie nicht immer ein, dass wir Hilfe brauchen. Und doch sehen sie, dass irgendwie packen wir es doch noch das zu mache was es gilt zu erledigen. Das geht so auf und ab, und hat wahrscheinlich weit weniger mit uns "kranken" zu tun, als mit der Pubi. und dem Freiheits- und Fundrang der Jungen. Wenn wir fragen nach Hilfe, dann kommmt ist meistens, nur ich wäre froh wenn sie es manchmal von selber sehen würden.

Was mich am meisten schmerzt und handkehrum wieder zeigt, dass sie durch "Nicht-wissen-wollen" sich schützen wollen ist die Tatsache, dass sie sich NICHT über LK informieren. Ist irgendwie paradox, es sind mehrere Reaktionsarten in einer Person. Zeitweise so, dann wieder so.

Zeitweise ist ein sehr intensives gemeinames Tragen und dann wieder nicht. Man muss aber auch sagen Pascal ist einer der sich selber gegenüber sehr hart ist - kaum jemand weiss was er hat, denn er will durch Leistung was erreichen und nicht durch Mitleid.

Also nun erhol dich mal vom Flachliegen. Dann hast du eher die Möglichkeit dich mit dir selber etwas auseinander zu setzen.

Hast du ausser den Kids noch Familie die dir beistehen?

Ganz liebe Umarmungen und denk daran Gemeinsam sind wir stark. Liz und Willy im doppelten Pack
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