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Alt 26.06.2005, 18:42
Gast
 
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Standard Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe.......

Liebe Alina,

ich merke wie schwer es mir fällt über meinen Bruder und mich zu schreiben. Nicht, weil mich etwas hemmt, sondern weil die Geschichte verheddert ist. Was ich ihm vorwerfe, ist eigentlich das Verhalten seiner Freundin, nun Frau, dafür kann er ja nichts, aber ich denke, wie kann er nur eine Frau haben, die SO zu meinen Eltern und auch zu mir war.

Ohne Beispiele kannst Du Dir schwer etwas vorstellen, aber wenn ich damit anfang, dann,ist es vergnüglicher für uns alle Du lieferst die 30 Seiten über Chandra bei uns ab. Eines käme zum andern und ich zurück bis zu Adam und Eva mit meiner Geschichte.

Ich nehme jetzt einmal diesen Brüderchen-Schwesterchen-Knäuel und ziehe einen Faden heraus. Daß er letztendlich nicht bei Mama und Papa war als sie starben, nehm ich nicht übel. Da war seine Angst groß. Ich hatte auch Angst, aber noch mehr davor, nicht dabei sein zu können.
Einen Tag nach Mamas Tod sagte ich ihm ziemlich alles was ich seiner Frau vorwerfe an Versäumnissen, Kränkungen, Herzlosigkeit und wie ich das finde, wenn er sich noch vor sie stellt. Rückblickend betrachtet war es ein erbarmungsloser Vortrag. Er antwortete nur, ich weiß ja, es wäre mir auch anders lieber gewesen. Vermutlich kann ich nicht mehr erwarten.

Mit größter Wahrscheinlickeit hat er dieses Gespräch erfolgreich verdrängt, sich eine andere Vergangenheit zurecht gezimmert. Das steht ihm auch zu, denn seine Vergangenheit kann nicht die meine sein.
In diesem Zusammenhang ein Erlebnis mit meinem Papa.In seinem letzten Lebensjahr war er zweimal ganz schlecht beisammen, es schien, als wäre das Ende nah.Als ich stundenlang neben ihm saß, seine Hand hielt, sagte er, jetzt sitzt du neben mir, so wie ich neben meiner Mutter saß. Ich drückt seine Hand fester, lächelte, gab ihm einen Kuß und sagte nicht, was ich dachte. Nämlich: Papa, du bist ja gar nicht geblieben, du bist doch gegangen, du hast sie doch allein gelassen und meintest dann, was hättest du schon tun können.

Sich besprechen, etwas ausreden, können mein Bruder und ich seit Mamas Erkrankung nicht mehr. Oder ist es mir erst dann aufgefallen?
Ich glaube ich habe hier, in diesem thread,nie erwähnt, daß mein Bruder ein paar Wochen vor Paps Tod selbst Vater wurde und er ein paar Wochen nach dem Tod mit der Diagnose Krebs konfrontiert wurde. Alina, das brachte mich damals fast an meine Grenze. Daß er Glück hatte, es sehr früh erkannt wurde stand fast von Anfang an fest, mittlerweile gilt er als geheilt.

Damals besprachen wir einige, wie man so schön sagt, "letzte Dinge", die mehr praktischer Art waren. Ich meinte es wäre gut das alles zum Anlass zu nehmen, in Zukunft sich besser mitzuteilen, auszusprechen. Konflikte zulassen, Kritik äußern, einstecken, usw. Da war er richtig erregt, meinte, er will mit mir nicht streiten, er will keinen Konflikt mir mir, er will sich mit mir vertragen. Was soll man da noch sagen?

Wie Du siehst, es gab nie eine bereinigende Aussprache.Trotzdem geht es mir gut mit ihm und seiner Familie. Das verdanke ich (wir), so bin ich ziemlich sicher, meinem kleinen Neffen. Als er auf der Welt war, nahm ich mir fest vor, ganz offen zu sein (das fällt ja leicht), mich aber nicht aufzudrängen. Es ist eine große Liebe zwischen mir und meinem Neffen. Diese Liebe hat in meiner Schwägerin einiges in Bewegung gebracht. Von ihrer Seite gibt es so ca.100 Tanten und Onkel. Mein Bruder hat nur einen Menschen - mich - aufzuweisen.Es erfüllt ihn mit einer gewissen Zufriedenheit, wenn nicht Stolz, daß es so gut läuft, zwischen seinen Söhnen und seiner Schwester.

Und so leben wir hoffentlich glücklich bis ans Ende unsere Tage.

Liebe Alina,lebt Dein Bruder allein? Wenn ja, geht ich richtig in der Annahme, daß Du seine Wäsche machst, meistens für zwei kochst, dafür schaut er nach dem Rasenmäher wenn Du ihn fünfmal darum bittest?

Noch eines: bald einmal nach Mamas Tod hätte man glauben können sie hat nie gelebt, so selten sprachen Papa und mein Bruder über sie.Und bald einmal dachte ich - auch recht - jetzt hab ich sie ganz allein für mich!

Umarme Dich und gern auch Deinen Hund.
Briele