Thema: I miss you
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Alt 16.08.2005, 22:39
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: I miss you

Hallo Simone,

ich erzähle gerne von meinem Mann. Auch wenn es schmerzt, es tut gut, dass ich von ihm, von uns erzählen darf, dass es noch jemanden interessiert.

Ich bin 44 und lebe im Saarland. Als ich 15 war, lernte ich Claus kennen, meinem 16.Geburtstag haben wir bereits gemeinsam gefeiert und wenige Wochen später wurden wir ein Paar. Wir waren 28 wunderbare Jahre zusammen, davon 23 verheiratet und haben vier tolle gemeinsame Kinder. Unser ältester Sohn ist 21, die älteste Tochter 18, die jüngere Tochter 16 und unser jüngster Sohn 12.

Ende 2003 begann er, sich nicht wohl zu fühlen und im Februar 04 mussten wir die Diagnose Nierenzellkarzinom zur Kenntnis nehmen. Ab da blieben uns noch 8 Monate. 8 Monate der Hoffnung und der Verzweiflung, des Verdrängens, der Wut und Angst und der innigsten und aufrichtigsten und bedingungslosesten Liebe, die ich jemals zuvor gespürt habe.

Im Oktober 2004 ist Claus gestorben. 10 Tage vor seinem 50 Geburtstag, den wir ursprünglich gemeinsam mit Freunden auf Kreta feiern wollten.

Und seither versuche ich zurück ins Leben zu finden. Alleine und doch mit ihm. Ich versuche, ihn „lebendig“ zu halten, ihn nach wie vor dabei zu haben bei uns. Den Entschluss, es positiv anzugehen habe ich gefasst, als ich mal wieder vor einem seiner Bilder stand und schrecklich weinen musste. Irgendwas sagte plötzlich in mir: Er hat es nicht verdient, dass Du in Tränen ausbrichst, wenn Du ihn ansiehst. Er ist Dein Glück, deine große Liebe. Er hat Dich immer zum Lachen gebracht. Wie kannst Du weinen? Von diesem Augenblick an wurde es tatsächlich besser. Es gelingt mir auch heute nicht immer, keine Tränen zu vergießen, das ist auch ok. Aber ich empfinde eine ganz tiefe Wärme in mir, ich spreche mit ihm und höre auch seine Antwort. Ich merke, dass er mir hilft, weiterzugehen.

In diesen 10 Monaten habe ich nun viele Facetten der Trauer durchlebt. Schmerz, der unvorstellbar ist und der nie mehr vergehen wird. Wut auf das Schicksal, Neid auf andere, denen das bisher erspart geblieben ist, Angst vor der Zukunft, Desinteresse und Antriebslosigkeit, Todessehnsucht und Panik.

Der Schmerz verändert sich, wird etwas „dumpfer“, nicht mehr so zerreißend, schrill wie in den ersten Monaten. Aber dieser Druck ums Herz wird wohl bleiben. Es ist das, was ab jetzt für immer „anders“ sein wird bei uns. Das Lachen kehrt zurück, die Freude kehrt zurück, sogar Zukunftspläne werden irgendwie wieder geschmiedet. Aber alles fühlt sich anders an als zuvor, einfach nicht mehr „richtig“, nicht mehr vollständig.

….und wieder viel geschrieben. Danke fürs Zuhören.

LG euch allen
Andrea
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