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Alt 04.11.2005, 12:10
Laura5555 Laura5555 ist offline
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Standard AW: ich weiß nicht mehr weiter

Liebe Simone, Susanne, Michaela, Anna und Andrea,

ganz lieben Dank für Eure Zeilen. Seit gestern wissen wir, wie der Therapieverlauf aussehen wird. Der Tumor ist ein Rezidiv vom Eierstock (damals hatte sie Tumorklasse 1) und meine Mutter bekommt jetzt wieder sechs Zyklen Chemo und zwischendurch noch Lymphknoten entfernt, etwa nach der Hälfte der Chemos.
Es ist alles so furchtbar. Einerseits weiß man schon genau, was auf uns zukommt, und man hat nicht mehr so viel Ansgt davor, wie beim ersten Mal, aber da man es eben so genau weiß, weiß man auch, wie schwer wieder alles werden wird, vor allem, weil meine Mutter diesmal auch psychisch total am Ende ist, was sie nach der ersten Diagnose nicht war. Da waren die äußeren Umstände in unserer Familie noch nicht so schlimm und sie war nachher eigentlich die Stärkste von uns allen. Aber jetzt ist alles ganz anders. Meine Eltern wollen sich jetzt erstmal nach Alternativen zur Chemo erkundigen, da meine Mutter einfach auch körperlich nach der OP noch sehr schwach ist, und schon nächste Woche die erste Chemo bekommen soll. Dieser ganze Horror fällt jetzt genau in meine Prüfungsphase und dauert bestimmt bis nächstes Jahr April oder Mai, bis alles vorbei ist. Bin heute in der Uni total abwesend gewesen und hab die ganze Zeit gedacht, ich schaff das alles nicht mehr. Ich hatte mich so auf das Semester gefreut, darauf, mit ein paar Freundinnen, die auch Prüfung haben, zusammen zu lernen und danach schön Kaffeetrinken zu gehen und jetzt habe ich wieder nur noch diesen Horror im Kopf und kann mich an gar nichts mehr freuen. Eine Freundin von mir, mit der ich gestern telefoniert habe, hat mir wieder ständig gesagt, daß ich trotz allem weiterhin ausgehen soll, sie mit mir ins Kino geht oder shoppen, aber diese ganzen Dinge interessieren mich einfach nicht mehr, weil mir in solchen Momenten noch schmerzlicher bewußt wird, daß mein Leben einfach nicht das Leben ist, was ich gerne leben würde. Ich weiß nicht, was ich mit der Prüfung machen soll und alles absagen soll, weil es schon sehr viel zu lernen ist.

@ Susanne: Mein Vater geht nicht zum Psychologen, er hält nicht viel von "sochen" Ärzten. Vielleicht würde es ihm helfen, aber ich glaube, er ist nicht dazu zu bewegen. Meine Mutter hatte ihn früher schon mal darauf angesprochen, aber er hat abgelehnt.

@ Michaela: Vielen Dank für Dein Angebot mit der PN und Telefonieren. Ich werde bestimmt darauf zurückkommen.

@ Anna und Andrea: Es tut mir sehr leid, zu hören, daß Eure Eltern auch erkrankt sind. Es wäre schön, wenn wir uns hier ein bißchen austauschen könnten. Es ist einfach so schwierig, das alles unter einen Hut zu bekommen, für die Eltern da zu sein und irgendwie auch noch ein bißchen ein eigenes Leben zu führen. Wie geht ihr mit Euren Freundschaften um? Ich habe allgemein das Gefühl, das ich diesmal Freunde verlieren werde, einfach, weil ich selbst diesmal damit überhaupt nicht mehr umgehen kann. Ich melde mich kaum noch bei Freundinnen, rufe auch nicht mehr an, um zu reden, weil es mir ehrlich gesagt nichts bringt und ich einfach nicht ertragen kann, wenn sie mir von ihrem normalen Leben erzählen und von Dingen, die es bei mir einfach nicht gibt und abends schön ausgehen und Spaß haben wollen. Ich habe auch das Gefühl, daß sie sich zurückziehen, weil sie mit der Situation nicht umgehen können. Wenn ich anrufe, fragen so oft ganz nomal "und, wie geht´s?", so als wäre nichts, und reden über ihren Alltag. Vielleicht tue ich ihnen auch allen Unrecht, es ist ja nicht so, als würden sie sich nicht bemühen, und ich erwarte einfach zu viel von ihnen, was sie nicht leisten können, aber es macht mich einfach so wütend, daß ich nicht wirklich jemanden habe, der mich versteht und ich neben der Riesenangst, die ich um meine Mutter habe, auch noch mein eigenes Leben wieder vollkommen aus der Bahn geworfen wird und das zum zweiten Mal.

Ich finde mein Leben, mit allem drumherum, einfach so schrecklich und so gar nicht lebenswert.

Liebe Grüße von Laura.
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