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Alt 20.01.2003, 08:36
Gast
 
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Standard Malignes Melanom

Lieber Sascha,
für Dich habe ich heute auch mal einen Tip. Seit ich die Beiträge in diesem Forum lese, fällt mir immer wieder Deine Frage nach dem konkreten Primärtumorbefund, nach den genauen Daten, wie Clark Level etc. auf. Ich habe mich schon öfter darüber gewundert und gedacht, Du versuchst darüber eine möglichst konkrete Vergleichbarkeit und Einschätzbarkeit Deiner eigenen Situation herzuleiten. Dies jedoch kann man so konkret nicht, zahlreiche Beispiel von Betroffenen, die sich "nicht an die Statistik gehalten haben", bezeugen es. Mein Tip an dieser Stelle ist: frag' doch einfach ab jetzt nicht mehr danach, denn Du machst Dich damit verrückt. Ich habe in den letzten Jahren mit so vielen Krebspatienten zu tun gehabt und so viele, unglaublich unterschiedliche, von den Statistiken abweichende Entwicklungen ihrer Krankheitsbewältigung miterlebt, daß ich einfach immer wieder die Bestätigung dafür gesehen habe, daß jeder Mensch seinen eigenen Weg der Gesundung hat. Zu viele Faktoren spielen dabei nämlcih eine Rolle, als daß es bei jedem gleich sein könnte.
Ehrlich, Sascha, probier es mal. Hast Du schon mal etwas von der "sich selbst erfüllenden Prophezeiung" gehört? Damit ist gemeint, daß jemand, der sich eine angstmachende (natürlich auch eine gute) Situation immer wieder vor Augen führt, sich so darauf konzentriert, daß er sie dann schließlich auch erlebt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß ein Umdenken schwer ist, wenn die Gedanken immer wieder in die eine Richtung gehen, und ich selbst habe etwa drei Jahre gebraucht, bis ich ein positiveres Selbstgefühl bei mir gespürt habe. Um dahin zu kommen, habe ich mir Unterstützung geholt. Einmal in der Woche in psychologischen Gesprächen und dann immer wieder in Gesprächen mit anderen Krebsbetroffenen in der örtlichen Krebsselbsthilfegruppe.
In Kurzformel gesprochen: orientiere Dich nicht an dem, was bzgl. der Erkrankung schlechteres passieren könnte, sondern an dem, was Dir gut tut. U.a. beeinflußen auch die Gedanken die Selbstheilungskräfte, und Du hast sicher schon in anderer Hinsicht erlebt, daß das Körpergefühle mit besserer psychischer Befindlichkeit auch steigt. Ein Buchtitel, der mir bzgl. dieser Einstellung gut geholfen hat, ist von C.O.Simonton "Wieder gesund werden" und "Auf dem Wege zur Besserung" ebenda. Sieh' Dir unter www.biokrebs.de auch mal die Broschüre "Wege zum seelischen Gleichgewicht" an. Vielleicht ist darin die eine oder andere Möglichkeit, die Dich anspricht, die ein Puzzelteil auf Deinem Weg zum wieder-gut-zu-fühlen ist.
Wenn man einmal Krebs hatte, kann man nie mehr sicher sein, daß nie wieder etwas passiert. Aber man kann lernen, mit der Angst umzugehen und sich davon nicht unterkriegen zu lassen. Ich mußte, weil ich mit natürlich auch gleich alle Fachinfos reingezogen habe, mit der statistischen Aussage leben: 10-Jahersüberlebensrate für 19% der Betroffenen. Ich mußte lange konsequent mit Unterstützung an mir arbeiten, um nicht immer an dieses Datum zu denken. Dabei habe ich allmählich gelernt, mehr im Hier und Jetzt zu leben, jeden Tag neu für mich und mein Wohlbefinden zu sorgen und nicht so weit im Voraus zu denken. Als die zehn Jahre rum waren (das Wiedererkrankungs-Risiko ist deswegen ja nicht grundsätzlich weg) habe ich im Kollegenkreis eine Flaschen Sekt aufgemacht. Und meine Devise bei allem, was ich gerne machen möchte, ist: Wenn nicht jetzt, wann dann. Was ich an guten Erfahrungen habe, das habe ich "im Sack", falls es mir mal nicht so gut geht.
Ich wünsche Dir viel Glück, viel Lebensfreude und viele kleine Erfolge bei Deinen kleinen Schritten ins Leben ohne die ständige Angst. Das gilt für alle anderen Betroffene hier auch. Fangt jetzt an.
liebe Grüße von Birgit
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