Einzelnen Beitrag anzeigen
  #261  
Alt 04.04.2006, 12:27
Benutzerbild von Gaby283
Gaby283 Gaby283 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 24.10.2005
Ort: Frankfurt am Main
Beiträge: 277
Standard AW: Russisch Roulette.......

Liebe Saphir,

ich kann mich Alina nur anschließen, in dem was sie über die Trauer schreibt. Seit August wusste ich, dass meine Mama nie mehr gesund werden würde. Und im Dezember kamen dann die vielen, von den Ärzten angekündigten, Ausfallerscheinungen. Da wurde es mir zum ersten Mal richtig bewusst. Von einer guten Freundin, die vor 7 Jahren innerhalb von 4 Wochen ihr eigenes Kind mit 6 Monaten und die Mutter verloren hatte, habe ich Ratschläge bekommen. Ich solle jeden Tag mit meiner Ma genießen und sie ganz oft in den Arm nehmen. Bin froh, dass ich es getan habe. In den letzten 8 Wochen ihres Lebens haben wir schon getrauert und ganz viel zusammen geweint. Sie sagte zu mir, dass ich nicht weinen solle und denken soll, dass es ihr besser geht, wenn sie stirbt. Ein schwerer Gedanke...aber das Leben, was sie zuletzt geführt hat, war unwürdig.

Im Moment fühle ich mich innerlich sehr gelassen und irgendwie mit Liebe erfüllt. Das hört sich - auch für mich - merkwürdig an, denn bisher war ich oft "zerissen" und irgendwie war mein Leben mit Höhen und Tiefen übersät. Jetzt ist es nur noch ab und zu Traurigkeit. Täglich empfinde ich Trauer, wenn ich z. B. die Lieblings-CD meiner Ma auf dem Weg zur Arbeit höre, oder wenn ich ihr Grab besuche. Letzte Woche war der 1. Geburtstag ohne meine Ma. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass so viele liebe Menschen an mich gedacht haben. In den letzten Wochen hat wohl eine Veränderung in und mit mir stattgefunden. Sehr zum positiven. Ich bin ein dankbarer Mensch geworden und sehe das Leben mit anderen Augen.

Im Büro habe ich einen "Weisheiten-Kalender". Diese von Erich Kästner passt sehr gut zu mir:

Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen.

Mein Leben war die letzten Jahre - und das hat nicht nur mit meiner Ma zu tun - nicht leicht und teilweise empfand ich schon Verbitterung. Ich will versuchen, meinem Leben eine neue Richtung zu geben.

Unsere Seele lässt die Trauer nur scheibchenweise zu, genau das, was sie verkraften kann. Ich habe meiner Ärztin erzählt, dass ich das Gefühl wie bei Liebeskummer habe (etwas schlimmer ist es schon). Darauf sagte sie, dass das die Trauer ist....nur geht sie nicht so schnell vorbei.

Setze dich nicht unter Druck, aber halte die Tränen nicht auf, wenn sie kommen wollen. Ich habe keine Ahnung, ob es hilfreich für dich wäre, mal ein Buch über das Thema Trauer zu lesen (Trauern/Verena Kast und Es wird alles wieder gut, aber nie mehr wie vorher/Jochen Jülicher). Die beiden habe ich und letzteres fand ich gut, das andere habe ich noch nicht gelesen.

Hast du meine Geschichte aus dem Hospiz schon gelesen? Du findest sie im Forum Gedanken und Gedichte (Zwei Bäume im Park). Ich hoffe, dass sie dich - wenn du traurig bist - etwas trösten kann.

Ich wünsche dir einen schönen Tag!

Viele Grüße
Gaby

Geändert von Gaby283 (04.04.2006 um 12:56 Uhr)
Mit Zitat antworten