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Alt 06.07.2006, 16:05
Lisa48 Lisa48 ist offline
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Standard AW: Selbsthilfegruppe Zungenkarzinom

Hallo Harald,

bei mir war das Karzinom T1 (OP März 2004) sehr klein, dafür hatte ich aber eine verkapselte Metastase N1, die entfernt wurde. Alles im Gesunden.

Die Notwendigkeit der Bestrahlung war grenzwertig und wurde von den behandelnden Ärzten unterschiedlich beurteilt. Hier im Forum kann man lesen, dass Betroffenen von der Bestrahlung abgeraten wurde, um sich diese Behandlungsmöglichkeit für ein späteres Rezidiv vorzubehalten.

Dieser Logik kann ich nicht folgen. In meinen intensiven Gesprächen mit den Radiologen wurde bei mir die Bestrahlung überhaupt erst deshalb in Erwägung gezogen, um mögliche - aber eher unwahrscheinliche - Mikrometastasen zuverlässig abzutöten und das Rezidiv-Risiko erheblich zu minimieren. Das erscheint mir logisch.

Im Vorfeld beunruhigten mich damals Berichte von Patienten, die unter der Anwendung der Maske sehr gelitten haben, so wie man sich das unter Platzangst vorstellen kann. Wenn man diese Veranlagung hat, sind die 6 Wochen Bestrahlungszeit sicher sehr schwer zu ertragen.

Bei mir war das nicht so. Dieses Festzurren auf der Liege mit der Fixierung des Kopfes unter der Maske habe ich gut ertragen können, zumal die eigentliche Bestrahlungszeit nicht länger als 1 Minute betrug. Ich konnte bis zur letzten Bestrahlung selbst mit dem Auto in die radiologische Praxis fahren. Während der Bestrahlung hatte ich eine Zahnentzündung und wurde mit Antibiotika vollgepumpt. Die Verbrennungen im Gesicht- und Halsbereich hielten sich in Grenzen. Pudern war für mich nicht gut, ich habe viel gecremt. Die Haut hat sich vollständig regeneriert.

Die Mundschleimhäute waren sehr entzündet und der Geschmacksinn völlig weg. Das war sehr beunruhigend, denn mir wurde schlagartig bewusst, welchen Stellenwert das Essen insgesamt hat. Ich wusste, dass ich nie mehr kochen und abschmecken könnte, wenn dieser Geschmacksverlust bleiben würde. Auch das Essen im Restaurant unter dem geselligen Aspekt wäre nicht mehr möglich.

Gottlob kehrte aber der Geschmackssinn kurze Zeit nach Beendigung der Bestrahlung vollständig zurück. Die meisten der Forumteilnehmer haben das auch so erlebt. Die Mundtrockenheit wurde zunehmend weniger und mittlerweile ist das kein Thema mehr. Ich habe mich so an das zusätzliche Trinken gewöhnt, dass ich das als völlig normal empfinde.

Ich wünsche Dir, dass die Bestrahlung auch für Dich von der Belastung her im Rahmen bleibt. Dass ich das keine Ausnahme bin, zeigen frühere Beiträge hier in diesem Forum. Vielleicht kannst Du prüfen, ob Du das speicheldrüsenschonende Medikament Amifostin erhältst.

Um die Muskulatur im Mundbereich aufzubauen (die Unterlippe neigt zum Abhängen), hat mir der Arzt empfohlen, ein Trinkröhrchen auf ca. 6 cm zu kürzen, in den Mund zu stecken und dann die gespitzten Lippen abwechselnd nach rechts und links zu bewegen und jeweils 5 Sekunden zu verharren. Ich mache das noch immer morgens und - wenn ich die Gelegenheit habe - auch immer zwischendurch. Das hat nicht nur die Mundstellung erheblich verbessert, sondern auch die Sprache, die mittlerweile auch fast wieder die frühere Quialität erreicht hat. Nur wenn ich sehr viel spreche, merke ich eine zunehmende Anstrengung.

Ich wünsche Dir gute Genesung, eine möglichst gut erträgliche Bestrahlungszeit und stetige Besserung des Allgemeinzustands.

Allen anderen hier natürlich auch alles Gute - wie immer
Lisa
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