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Alt 26.08.2006, 11:36
chaosbarthi chaosbarthi ist offline
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Standard AW: Darmkrebs und Alzheimer - wir sind hilflos.

Hallo Shalimar,

ich bin Darmkrebspatientin und habe schon meinen Vater an diese Krankheit verloren. Auch wir haben zu Hause gepflegt und den langen Abschied hautnah mitbekommen.

Auch ich finde, dass deine Fragen ein Thema umreißen, das zu dieser Erkrankung einfach mit dazu gehört. Wer sich nicht damit auseinandersetzen möchte, was ich auch verstehen kann *nichtschönist*, muss diesen Thread ja nicht lesen.

Meinen Vater haben wir Weihnachten aus der Klinik geholt, als die Ärzte nach versuchter OP und Chemo nur noch den Kopf schüttelten. Da wurde er schon gelb. Wir haben Pflegestufe beantragt und uns Hilfe über einen mobilen Pflegedienst geholt.

Anfangs konnte mein Vater noch wenige Schritte laufen und saß mit uns im Wohnzimmer. Beständig wurde er gelber und er mochte nichts mehr essen und begann abzumagern. Wir gaben ihm zunächst noch hochkalorische Nahrung, dann bekam er irgendwann ein Krankenbett mit einer Matraze, die sich abwechselnd auf der einen und dann auf der anderen Seite aufpumpte (weiß nicht wie so etwas heißt), um einem Dekubitus vorzubeugen. Die nächste Station war die Ernährung mittels Infusionen. Es waren nun schon mehrere Monate vergangen und mein Vater war dunkelgelb und nurmehr Haut und Knochen.

Er hatte keine Schmerzen und bekam auch kein Aszites! Im 7. Monat fielen die ersten Körperfunktionen aus. Er konnte sich nicht mehr bewegen, war wie gelähmt und hatte Mühe sich zu verständigen. Dann fiel er irgendwann mit weit aufgerissenem Mund ins Koma. Wir beschlossen, ihn mittels Infusion nur noch mit Flüssigkeit und nicht mehr mit Nährstoffen zu versorgen. Darüber hinaus saß immer einer von uns an seinem Bett, um seine Zunge und seine Lippen mit einem nassen Waschlappen zu befeuchten. Wir wussten ja nicht, was er in seinem Zustand noch mibekommt. Über Tage eine trockene Zunge zu haben, ist wahre Folter und auch "Vertrocknen" soll ein qualvolles Sterben sein, weshalb wir die Infusionen bis zuletzt dran ließen.

Zuletzt funktionierte außer seinem Herzen gar nichts mehr. Als die Ärztin sagte, dass es keine 24 Stunden mehr dauern würde, waren wir dankbar. Und doch schaffte es mein Vater noch einmal 36 Stunden oben drauf zu packen. Er ging erst, nachdem wir ihm gesagt haben, dass er sich nicht mehr quälen muss. Wir würden es verstehen, wenn er ginge und würden weiter für uns da sein. Ich denke heute noch, dass er bis zuletzt alles hören konnte und wohl auch denken... Am 23. Juli ist er gestorben...

Ich wünsche euch alle Kraft dieser Welt, denn ihr werdet sie brauchen. Wenn deine Mutter das körperlich und/oder psychisch nicht schaffen sollte, denkt über ein Hospiz nach. Auch da darf sie beständig bei ihm sein, hat aber alle Unterstützung, die sie braucht.

LG chaosbarthi
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