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Alt 21.03.2007, 15:12
Akira Akira ist offline
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Registriert seit: 08.11.2005
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Standard AW: Auf wiedersehen...

Entschuldigt meine Abwesenheit. Der Schmerz war am Anfang zu stark zum Luftholen, geschweige denn irgendwas in einem Forum zu schreiben.

Mir geht es nicht viel besser. Der Schmerz stumpft ab, aber er vergeht nicht. Vor 3 Tagen war der erste Todestag; ich war abends in dem Krankenhaus wo mein Bruder verstorben ist und habe Blumen gebracht - die Schwester hat vor lauter Schreck bezüglich meiner Bitte die Blumen abzustellen die diensthabende Ärztin gerufen, welche sich noch an mich erinnerte und meiner Bitte nachging. So durfte ich noch etwas Zeit auf der Station verbingen.

Sonst bin ich jeden Sonntag am Grab und bringe frische Blumen. Die Mitarbeiter des Blumenladens haben Sonntags immer schon die Rosen für mich fertig gebunden und legen mir diese immer zurück; nach 12 Uhr sind diese sonst immer ausverkauft.
Da das Wasser am Friedhof immernoch abgestellt ist (September - April ist es wohl komplett aus) bringe ich immer selber welches mit und gieße das Grab.
Beten tue ich seit einem Jahr nicht mehr, obwohl ich immer gläubig war und in einer Christen-Familie aufgewachsen bin, wo der Kirchgang einfach zum Sonntag gehört wie Brötchen und Kaffee zum Frühstück.
Damals, jeden Abend als ich aus der Klink nach Hause gefahren bin, habe ich gebettelt und gefleht meinen Bruder zu verschonen und stattdessen mich zu nehmen, der keine 2 Kinder und eine Frau alleine lässt. Aber nach einem Jahr des täglichen Betens, des vergeblichen Flehens ist man müde...

Fotos anzusehen geht immernoch nicht wirklich, die Tränen fließen immernoch manchmal wenn man alleine am Grab steht - ist sonst jemand dabei beschränkt man sich als Mann aufs trösten. Selbst seine Handynummer habe ich noch gespeichert und bringe es nicht über's Herz sie zu löschen.

Es wird mit der Zeit nicht weniger schmerzhaft, sondern anders. Man kann sich nach einigen Monaten wieder länger als 30 Minuten auf andere Dinge (wie z.B. Arbeit) konzentrieren ohne permanent an den immensen Verlust denken zu müssen, aber sonst ist alles gleich. Kurz nach dem Tod und in der Zeit danach fühlt es sich an als ob dir jemand mit einem Messer ins Herz sticht, nach einem Jahr ist es das gleiche, nur mit einem stumpfen Gegenstand.

Ich wünsche niemandem, dass er seine Kinder oder Geschwister begraben muss; der Schmerz ist unerträglich und auch noch nach einem Jahr mehr als present. Ich wünsche allen, die von den oberen Foren in die unteren rutschen viel Kraft für den steinigen Weg wenn eure Zeitrechnung mit Tag 1 nach dem Tod eines geliebten Menschen beginnt, denn diese Zeit ist mindestens genauso schwer wie die davor.

Akira
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