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Alt 01.05.2007, 15:19
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Jutta Jutta ist offline
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Standard AW: bedeutung von der krankheit

Das ist ein Thema, mit welchem ich mich viele viele Jahre auseinandergesetzt habe. Denn in den Jahren, als ich oder meine Lieben das erste Mal erkrankten, gab es keine Flut von Informationen, oder Blaue schlaue Bücher zum nachlesen.
Wie ihr überall immer mal wieder nachlesen könnt, ist Krebs ein ständiger Begleiter in meinem Leben. Selbst erkrankte ich als sehr junge Frau, nachdem mein Vater gerade seine erste Erkrankung hinter sich hatte. Und meine Tante mit 39 Jahren nicht lange zuvor an Krebs verstorben war. Danach bekam meine Ma zum ersten Mal Krebs.

Keiner in meiner Familie lebte ungesund (jeder hatte einen eigenen Obst- und Gemüsegarten), rauchte, oder hatte damals Handys, TV's oder sonst etwas. Der eine war mehr kommunikativ, der andere eher still, aber Probleme wurden angegangen und bespochen.
Ich hatte eine wunderschöne Kindheit wie auch Jugendzeit. Das Leben war nicht leicht, aber es war schön. Es war damals selbstverständlich sich um die Familie zu kümmern, da zu sein, aber niemand gab sich auf.

Jahre danach begann die wirkliche Forschung hier in Deutschland, um diesem Phänomen auf die Spuren zu kommen. Es gab hunderte von Spekulationen, aber bewiesen werden konnte seither nur, dass jeder Mensch Krebs bekommen kann, aber nicht muß. So vieles läuft im menschlichen Körper schief, und erst heute können einige Erkrankungen erklärt werden, wie z.B. die Mutation in den Genen. Was wiederum nicht bedeutet, dass die Krankheit auch, bei jedem der sie hat, "ausbricht".
Die Zusammenhänge sind dermaßen komplex, dass bestimmt zig Faktoren mitspielen, warum plötzlich unsere Körperpolizei nicht mehr funktioniert. Meine Geschwister erbten meinen Gendefekt nicht, und sind bis auf die üblichen Zipperleins pumperlgesund. Sie sind z.T. während der Kriegszeit aufgewachsen, und hatten bei weitem nicht die Ernährung, welche ich von Anfang an hatte. Wir betrieben in der Jugend alle viel Sport, waren viel in der Natur, und dennoch sind sie gesund, ich nicht.

Ich habe bis heute nie die Schuld bei mir gesucht, auch wenn ich Vollzeit gearbeitet habe, meine Familie und meine Eltern versorgte. Mir machten meine Aufgaben Spaß, ich fühlte mich trotzdem wohl, und suchte mir immer meine Ecke, um für mich zur Ruhe zu kommen. Probleme lernte ich zu analysieren, anzugehen und zu meistern.

Klar haben wir alle mal mit größeren Problemen zu kämpfen, aber das haben andere Menschen auch, aber sie bekommen deshalb nicht auch alle Krebs. Bevor ich in EM-Rente kam war ich extrem aktiv, und erlebte wie viele Menschen Raubautz mit ihrer Gesundheit trieben. Die mich mit meinem gesund ernähren/leben usw. milde belächelten. Bis dato bekam von denen keiner Krebs. Mein 88jähriger Nachbar, der ein Miesepeter ist, den Mitmenschen das Leben schwer macht, dem der Neid aus dem Gesicht springt usw., ist gesund und munter.

Ja, die Erkrankung bringt uns zum Innehalten, zum Nachdenken über unser Leben, aber für wie lange? Liegt sie schon Jahre zurück, beginnt irgendwann bei vielen der normale Alltag wieder. Was sehr sehr wichtig ist, aber viele Dinge, die damals durch den Kopf gingen, sind oft schon wieder vergessen, denn der alltägliche Trott hat wieder überhand genommen.
Ich lebe auch so "normal" als nur möglich, lasse die Krankheit nie mein Leben bestimmen. Aber ich war schon immer so, dass ich mich nicht fremd bestimmen ließ. Ich habe hie und da auch ganz ordentliche Tiefs zu überwinden, aber ich nehme sie als Herausforderung an.

Ich sage mir, irgendwo steht eine Sanduhr für mein Leben. Ist der Sand durchgerieselt, ist meine Zeit hier vorbei. Irgendjemand schlägt die letzte Seite meines Lebensbuches zu. Wäre es morgen, oder übermorgen, dann könnte ich sagen, ich habe gelebt, habe wahnsinnig viel erlebt, würde vielleicht um einen Aufschub nachfragen, da ich trotz allem gerne lebe und noch viel mehr miterleben möchte.
Die Frage nach den vielen Warums hat mich vor Jahren erstarren lassen, ich vergaß zu leben, bis zu dem Zeitpunkt als ich erkannte, es gibt keine Antwort darauf. Damals brachte mir mein Gedicht, das ich im Okt. 03 in den Gedichtethread setze, die Antwort. Nicht nach dem "Warum" suchen, sondern nach dem "Wie":

"Ich bin auf der Suche nach irgendwas,
doch frage einer, was suchst Du,
dann werde ich es nicht beantworten können.
Solange ich nicht weiss, was ich wirklich suche.

Doch nehme ich mir die Zeit für mich,
dann werde ich mich selbst fragen können:
"Was suchst Du nur?"
"Was möchtest Du?"
"Warum suchst du was?"

Doch nehme ich mir die Zeit,
mich selbst bei der Hand zu nehmen,
mit mir selbst zu reden,
werde ich bereit sein zu sagen
"DAS suche ich, DAS möchte ich!"

Nehme ich mir die Zeit,
die vielen warums, weshalbs und wieso's
auf die Seiten zu stellen,
weil sie mich lähmen in meiner Suche.

Werde ich die Zeit finden,
das "Wie" für mich zu entdecken.
Wie möchte ich, dass es sein wird,
wie möchte ich die Suche beenden.
Wie werde ich es angehen,
Wie werde ich es tun.

Dieses Wörtchen "Wie"
wird mir Türen und Tore öffnen.
Dieses Wörtchen "Wie"
läßt mich Wege, Gedanken finden,
die sich in der Lähmung des Warum's
nie an die Oberfläche trauten.

Stöbere ich nur im Warum,
gebe ich dem Wie nie wirklich eine Chance."
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Jutta
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