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Alt 26.06.2007, 11:34
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Kimmy07 Kimmy07 ist offline
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Standard AW: Herzinsuffizienz

Hallo Tilden,

vielleicht kann ich mit etwas know how helfen: die verwirrenden Prozentzahlen beziehen sich auf die Auswurffraktion des linken Herzens, und da sind Werte grösser 50 % normal.

Kleiner Anatomie-Crashkurs: venöses, "verbrauchtes" Blut wird im Körper eingesammelt und fliesst durch die Venen zum rechten Herz-Vorhof. Hier fliesst es durch die Trikuspidalklappe in die rechte Herzkammer, von wo es durch die Pulmonalklappe in die Lungen gepumpt wird. Hier wird das Blut mit Sauerstoff angereichert und strömt zurück in den linken Herzvorhof, von da durch die Mitralkklappe in die linke Herzkammer. Die linke Herzkammer ist der muskelstärkste Teil und fast der wichtigste, dieser pumpt das Blut durch die Aortenklappe in den grossen Kreislauf und versorgt alle Organe. DIESE Pumpleistung bezeichnet man als EF = ejections fractions = Auswurffraktion. Hier gilt: grösser 50% = normal, näher wird das gar nicht quantifiziert. (Ich hab mir als Gag 55% aufschreiben lassen....naja, ).

Unter dem Herceptin kann (muss aber nicht - das ist wie mit der Übelkeit!) es zu einer Verschlechterung der EF kommen, deswegen sind wir ja unter kardiologischer Kontrolle. Verschlechterung der EF können sich äussern als: Luftnot, v.a. bei Belastung, Müdigkeit, Abgeschlagenheit etc. Wenn Du jetzt einen Blick oben auf die Anatomie wirfst, kannst Du Dir das auch erklären: bei einer schwächeren EF schafft es das linke Herz nicht, das Blut komplett in den Kreislauf zu werfen, es pendelt in den Erholungsphasen zurück in den linken Vorhof und staut sich da in die Lunge.

In der Regel sollten die Beschwerden nach dem Absetzen des Herceptins reversibel sein, da kann ich allerdings auch nicht mehr dazu sagen, da mich noch ein Zyklus E/C vom Herceptin trennt ;-) Ich hab in Statistiken gekramt die gesagen, dass 1% aller Herceptin-behandelten Pat. eine Herzinsuffizienz entwickeln können. Leichte Formen kannst Du mit Medikamenten (ACE-Hemmer, Betablocker etc) behandeln. Man muss selbst entscheiden, inwieweit man die (hoffentlich reversiblen) Herzprobleme in Kauf nimmt und damit das Mistvieh in der Brust kleinkriegt. Auf mich wartet auch 1 Jahr Herceptin, ich habe aber keine andere Wahl, da ich sonst keinen Rezeptorstatus habe.

Also, frag Deinen Arzt!!! Dafür ist er ja da, nagel ihn halt fest. Oder such Dir einen netten Kardiologen, der macht nix anderes. Sonst helfe ich auch gern, ich bin aber auch kein Kardiologe, ich versuchs zumindest, jedoch ohne Garantie.
Jetzt akut hilft Schonung, keine schweren körperlichen Tätigkeiten (ich weiss, es ist schwer, ich bin auch voll berufstätig), Bergauf und Treppen langsam steigen, aufs Gewicht aufpassen (2x/Tag wiegen--> erkennt man Wassereinlagerungen am schnellsten), Thromboseprophylaxe (Spritzen besorgen). Im Bett Oberkörper hoch, Beine runter (entlastet das Herz optimal), Vorsicht mit der Trinkmenge, zuviel Volumen schadet dem Herz, Medikamente: ACE-Hemmer (Captopril, Lisinopril, etc) wichtig!!!!, ggf. Betablocker, Diuretika (Wassertabletten).
Und Geduld......wenn es Dir besser geht, vorsichtig belasten, gut sind hier Herzsportgruppen.

So, ich hoffe, es reicht vorerst. Nur keine Panik, das wird schon wieder. Eine EF von 40% ist kein Weltuntergang, ich habe einen Speditionskaufmann mit einer EF von 17% behandelt, der war ganz empört, als ich ihm das Ausladen seiner LKWs verboten habe

herzlichen Gruss,

K.
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