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Alt 19.07.2007, 07:23
Schneekugel Schneekugel ist offline
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Standard Ich werde mir wohl selbst nie verzeihen

4 1/2 Jahre ist es nun her, dass mein über alles geliebter Opa gestorben ist. Es waren nur ein paar Monate von der Diagnose Leukämie bis zu seinem letzten Atmezug. Am Ende konnte ich ihm von den Augen ablesen, dass er wusste, dass er sterben muss. Am letzten Tag kam er ins Krankenhaus, weil es so schlimm um ihn stand. Er blickte von der Krankentrage noch mal rauf zum Fenster und ich wusste, es würde das letzte Mal sein. An diesem Abend habe ich auf Knien gebetet, dass er stirbt. Ich konnte ihn nicht mehr leiden sehen. Spät Abends rief dann das Krankenhaus an. Sie sagten uns, dass wir kommen sollten, wenn wir möchten, weil es seine letzten Stunden sind. Keiner von uns hatte den Mut zu gehen. Bei uns liegt es in der Familie. Alle haben Angst vorm Tod. Schon meine Oma war da ganz schlimm und hat es an meine Mutter weitergegeben. Und sie wieder an mich.
Opa bekam starke Medikamente und sie Ärzte versicherten uns, dass er es gar nicht miktkriegen würde, ob wir da seind oder nicht. Aber wer weiß das schon? Chemische Vorgänge im Körper...Biologie...aber keiner konnte je erforschen was mit der Seele passiert. Wer weiß, ob er es vielleicht doch gemerkt hat, dass er alleine ist. Ich mache auch niemandem aus meiner Familie Vorwürfe und ich weiß auch, dass mein Opa Verständnis gehabt hätte. Aber ich kann mir selbst nicht verzeihen, dass ich nicht bei ihm war. Jeden verdammten Tag denke ich darüber nach. Jeden verdammten Tag. Einfach jeden!!!!!!!!! Wie kann man nur so feige sein. Jeden Tag habe ich Opa im Krankenhaus besucht und in den Zeiten, wo er zuhause war bin ich jeden Tag mit ihm zu seinem Onkologen gefahren, aber im Finale hab ich schlapp gemacht. Ich rede manchmal mit meiner darüber und sie will mir die Schuldgefühle natürlich nehmen, aber ICH selbst könnte mich ohrfeigen.
War dieses Jahr im Zusammenhang mit einer Spritzenphobie bei einem Psychotherapeuten und habe ihm auch davon erzählt. Das Einzige was er dazu zu sagen hatte war: "Aber es war doch nicht ihre Aufgabe ihren Opa zu begleiten. Das wäre die Pflicht ihrer Mutter gewesen!" Das wars! Er ist überhaupt nicht darauf eingegangen und hat meiner Mama noch Vorwürfe gemacht.
Gestern ist eine ganz geliebte Großtante von mir von uns gegangen. Sie hatte Magenkrebs, der auch operiert werden konnte. Trotzdem hat sie sich aufgegeben und ist für immer eingeschlafen. Nicht mal die Ärzte wissen warum. Sie konnten nicht finden. Und wieder habe ich mich nicht ins Krankenhaus getraut. Ich konnte den Gedanken sie zum letzten Mal zu sehen nicht ertragen. Zwar glaube ich nicht, dass ich sie beim Sterben hätte begleiten müssen - sie hat so viele Kinder und Enkel- aber wieso habe ich mich nicht von ihr verabschieden können?!?!
Ich habe gestern wieder viel geweint. Nicht nur um sie, sondern auch um meinen Opa.Vielleicht hauptsächlich um meinen Opa...
Ich glaube nichts auf der Welt macht mir so viel Angst wie der Tod...ich kann damit einfach nicht umgehen und zur Strafe werde ich nun wohl -wider besseren Wissens- mit Schuldgefühlen leben müssen. Bis ich eines Tages vor meinem Opi stehe und er mir sagt, dass es in Ordnung war...

Geändert von Schneekugel (19.07.2007 um 07:27 Uhr)
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