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Alt 29.05.2003, 20:34
Gast
 
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Standard das soll es nun gewesen sein

Liebe Marga und Liebe Christel,

vielen Dank, dass Ihr so offen geschrieben habt.
Marga, Deinen Worten entnehme ich, dass Dein Vater nun nicht mehr leidet und bereits hinter dem Regenbogen ist. Du meintest, Du solltest dies vielleicht alles gar nicht schreiben, aber ich möchte Dich dazu ermuntern. Vielleicht tut es Dir gut, Dich mit Menschen auszutauschen, denen es sehr ähnlich geht wie Dir. Vielleicht hilft es uns gegenseitig. Die schrecklichen Bilder, die Dich verfolgen - es geht mir ähnlich. Es ist so bitter, daß mir die richtigen Worte fehlen.

Christel, ich denke, es ist natürlich, bis zuletzt auf ein Wunder zu hoffen, selbst wenn man es besser weiß. Wie recht Du hast, die Krankheit ist wirklich besch...!!! Viel schlimmer, als ich es mir je habe vorstellen zu können, obwohl ich selbst schon GEbärmuttermundkrebs hatte (was aber sehr glimpflich verlief und nun viele viele Jahre zurückliegt. Ich war sehr jung damals). Nun ist Dein Schwiegervater zu Hause, leidet und kämpft genau wie mein Vater.

Auch meinem Vater haben die Ärzte Versprechungen gemacht. Speziell ein bestimmer Arzt. Wie mein Vater vor Freude geheult hat, als ihm gesagt wurde, er könne evtl. auch noch ein paar Jahre leben. Um so tiefer fällt jemand. Nicht nur mein Vater, auch ich habe mich an jeden Funken Hoffnung bis zuletzt geklammert.

Nun bin auch ich soweit, auf kein Wunder mehr zu hoffen. Die ganzen gemeinsamen Erinnerungen steigen immer wieder in mir hoch. Nach dem Tod meiner Mutter war er der wichtigste Mensch in meinem Leben. Jemand, der i m m e r 100 %ig hinter mir steht. Das gibt es so selten und vielleicht nie wieder.
Der Tod meiner Mutter (Schlaganfall) kam damals sehr plötzlich und völlig unerwartet. Keine Zeit zum Abschied nehmen, was mich bis heute verfolgt. Nun bietet mir das Schicksal die Chance zu einem Abschied, aber mein Vater leidet dabei und das ist ein sehr hoher Preis für ein Abschiednehmen.

Durch den Gehirntumor sind ja schon längere Zeit die Beine ausgeschaltet, nun kann er sich vor Schwäche nicht mehr bewegen. Er kann kaum mehr reden. Wenn überhaupt, bleibt meist bei einem kaum verständlichen Murmeln. Ich merke immer wieder, er will was sagen und dann schafft er es nicht mehr. Es bricht mir glaube ich langsam das Herz wie er so daliegt und nur noch auf sein Ende warten kann.
Es ist wirklich grausam, so hilflos zusehen zu müssen, wenn ein seelisch so nahestehender lieber Mensch so leiden muß.
In meinem Inneren existieren zwei Bilder, das eine ist der Vati, wie ich ihn kenne und wie er bis vor kurzem war. Lebenslustig, stark, weise. Konnte mit ihm über alles, wirklich alles reden. Immer für mich da und seine Ratschläge in der Not hat er mir jedoch niemals aufgedrängt. Meistens habe ich sie aber angenommen, denn sie waren gut. Das andere Bild ist nun der sterbenskranke Papa, der so hilflos furchtbar leiden muß. Ich dachte immer, diese "Zweispaltung" mag es in mir drin geben, weil alles so furchtbar schnell bergab ging, ab der Diagnose vor nicht ganz 2 Monaten. Aber nachdem auch Christel dies so beschreibt...
Manchmal bringe ich die Bilder dieser zwei Väter zusammen, in letzter Zeit immer öfter. Das tut dann am meisten weh. Dann wird es mir noch bewußter. Vor wenigen Wochen noch sah alles ganz anders aus. Selbst, als er schon im Krankenhaus lag. Konnte noch was für ihn tun, Wasser oder Tempo aus der Drogerie holen. Und an die Hoffnung klammern.

Ich würde mich freuen über weitere Beiträge
und schicke
ganz liebe Grüsse.

Lena
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