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Alt 20.10.2007, 08:54
Schnucki Schnucki ist offline
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Standard AW: Und auf einmal ist sie da - die Trauer

Liebe Annett,

tja, es sind Fragen, auf die wir nicht wirklich Antworten bekommen.

Ich hab während der Krankheit meiner Mutter versucht, wirklich alles anzunehmen, daraus zu lernen. Ich bin ruhiger geworden, weniger zickig, ich überleg mir jetzt oft, ob gewisse Emotionen, die mich im normalen Leben spontan überschwappen, auch wirklich so zu nehmen sind oder ob ich es nicht doch mit Denken probieren sollte. Also versuche ich, die Spontanität, die mir oft als Zickigkeit ausgelegt wurde, etwas zu überdenken. Ich weiß, dass es nichts bringt, sich emotional in Sachen reinzusteigern, die nicht zu ändern sind.

Ich habe bewußt versucht, auch gute Dinge eben aus der Krankheit zu ziehen, anzunehmen, dass ich was lernen muß und versucht, eben Ecken und Kanten an mir zu schleifen. Vieles, was meine Mutter auch nicht konnte - auch bis zuletzt nicht.

Jetzt kommt halt das nächste Päckchen, auch mit dem "gehe" ich um. Vielleicht kommt jetzt der Ausgleich, dass es auch noch andere gibt, die jetzt dran sind? Oder dass ich Gelerntes anwenden muß? Vielleicht hat es aber gar nichts mit mir zu tun, sondern es müssen andere lernen? Der Gedanke drängt sich mir immer wieder auf.

Mein Vater hat sich nicht gemeldet, weil er nach wie vor auf der Wachstation liegt. Er hats ja auch etwas mit dem Herzen, also wird er mehr überwacht. Der Kontakt kommt sicher, wenn er wieder auf Normalstation ist, wenn nicht, dass kann ich das auch akzeptieren.

Denn wenn ich was gelernt habe, ist es, den Weg des Betroffenen zu akzeptieren. Es ist für meinen Vater auch eine schwierige Lage, jetzt zu sondieren, ob ich dazu bereit bin oder nicht. Er will mich ja doch ein wenig schützen, das zeigen mir immer wieder die Reaktionen von ihm und seiner Frau. Er weiß, wie schwer es für mich sein muß, gleich mit der nächsten Erkrankung konfrontiert zu sein, obwohl ich die Vergangenheit noch nicht aufgearbeitet habe.

Somit kann ich eben von außen zuschauen. Es gibt momentan nichts zu tun, er bekommt die Besuche seitens seiner Familie, wenn er wieder auf Station ist oder zu hause, werde ich mich einbringen. Dosiert, so wie er es will. Ich vermute nämlich ganz ganz stark, dass er nicht wirklich sich mit der Krankheit beschäftigen will, wenn er wieder entlassen wird. Das war bei seinem Blasenkrebs so, er will ja jetzt schon nicht gerne drüber reden.

Somit ist abwarten angesagt. Sie wissen, wenn sie konkrete Hilfe brauchen, bin ich da. Aber es ist halt anders wie bei meiner Mutter: Sie wenden sich da eher an den Arzt, sie vertrauen ihnen blind. Auch ihr Weg. Ich werde einen Teufel tun und mich da einmischen, das würde nur Ärger geben. Bei meiner Mum war ich aktiv gefragt, um die Meinungen einzuholen, um zu forschen. Hier ist die Sachlage anders, ich bin mir nicht mal sicher, ob ich wirklich alles erfahre oder nur dosiert vorgesetzt bekomme.

Aber ich kann damit leben, ich grübel da auch nicht nach, weil es einfach müsig ist. Ich nehme die Nachrichten so, wie sie kommen.

LG

Astrid
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