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Alt 18.11.2007, 22:17
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Marek Jan Marek Jan ist offline
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Standard AW: Für Dich, Sternenkind Mario L 21 Jahre alt *25.04.1984 +23.10.2005

Heute war eine Beitrag im Radio, den ich geschrieben habe für Magische Momente des Lebens bei www.rainbow-stream.de :

Ich möchte Euch auf eine Reise mitnehmen, teilhaben lassen an ein paar besonderen Momenten meines Lebens. Momente mit Höhen und Tiefen, mit Liebe, Lachen und Weinen.

Mit 26 Jahren war ich eher ein trauriger junger Mann, der viele schwere Momente in seinem Leben hinter sich hatte. 26 Jahre lang ging ich durch diese Welt auf der Suche nach der wahren Liebe des Lebens. Dabei dachte ich nun, ich gebe auf, denn das was ich suche, ist nicht real und dies werde ich niemals finden. Eines Tages nach unzähligen Enttäuschungen schrieb mich ein junger Mann im Internet an. Dabei merkte ich, er muss was besonderes sein, denn das Gespräch war alles andere als oberflächlich. Wir verstanden uns auf Anhieb sehr gut, unterhielten uns die ganze Nacht im Chat. Ich hatte das Gefühl, als ob ich ihn schon immer kennen würde. Er sagte, dass er schwer krank ist, aber dies schreckte mich nicht ab, ihn kennen zu lernen. Mario hatte Krebs. Kurz drauf folgten die ersten SMS, dann jeden Tag stundenlange Telefonate. Seine Stimme klang so jung, zart, zerbrechlich und nach Liebe suchend. Uns trennten damals 550 KM, da er in Hamburg im Krankenhaus war. Seine Angst damals war zu sterben, bevor er die Gelegenheit bekommt mich persönlich zu sehen, es machte ihn traurig. Er wünschte sich damals, wenn er einen Wunsch frei hätte, mich vor seiner OP zu treffen, das kam sogar vor dem gesund werden. Nun fuhr ich zu einem Blinddate nach Hamburg, ohne je ein Bild von Mario gesehen zu haben.

Mein Gefühl sagte mir schon damals, er ist anders als die Menschen, die ich bis jetzt kennengelernt habe. Als ich den Mario das erste Mal sah, wurde mir so warm ums Herz, ein Gefühl der Liebe war in mir. Das Gefühl, dass ich 26 Jahre suchte, und wusste, dass es dies da draußen gibt, kam auf einmal hoch. Es kam aber in 1000-facher Dosis, besser als jede Droge, die ich bis dato probiert habe, besser als jeder Kick, den ich bis dato erlebt habe, besser als alles, was wunderbar auf dieser Welt war.
Dieser Song sagt mehr als meine Worte.

(Song Reinhard May. Ich Liebe Dich)

Nun war ich verliebt über beide Ohren und verbrachte ein schönes Wochenende mit ihm am Meer mit Sonnenuntergang, mit viel Liebe und Kuschelstunden. Das Wochenende ging recht schnell zu ende, ich musste zurück fahren nach Köln und ihn alleine zurücklassen im Krankenhaus. Und das bei der bevorstehenden schweren OP die er vor sich hatte! Aber ich versprach ihm, wenn er mich braucht, werde ich für ihn immer da sein, egal wann und wo.

Ein paar Tage nach der OP rief er mich an, dass er mich braucht, weil er glaubt, nicht mehr lebend das Krankenhaus zu verlassen. Ich lies alles liegen und fuhr zu ihm, denn ich habe versprochen, ich komme wieder. Die Ärzte hatten damals keine große Hoffnung gesehen, aber die Liebe war so stark, sie schenkte ihm so viel Kraft, dass er sich wieder erholte und mit mir das Krankenhaus auf seinen Beinen verließ. Alle hielten es für unmöglich, aber die Liebe kennt keine Grenzen.

Ich wusste, dass er schwer krank ist, aber ich beschloss mein Leben mit Mario zu teilen, jede Minute an seiner Seite zu bleiben und gemeinsam mit ihm zu kämpfen. Wir versprachen uns, füreinander da zu sein in guten und in schlechten Tagen, einander zu lieben und zu ehren, einander zu vertrauen und alles zu sagen, was unsere Seele berührte. Wir erhofften uns eine gemeinsame Zukunft, hatten Träume und Pläne.

Es folgten unzählige Operationen, immer mehr Chemotherapie und Medikamente. Mario schickte mich immer bei den Ärzten vor, denn wenn der Tag kommen sollte, dass die Ärzte nichts mehr für ihn tun können, wollte er es von mir und nicht von einer fremden Person erfahren.

Es kam der Tag, an dem ich der Liebe meines Lebens sagen musste: Du wirst sterben, die können nichts mehr für uns tun. Den Moment werde ich nie vergessen. Er fasste es leicht auf, nahm mich in dem Arm und sagte zu mir: Weine nicht, wir haben noch so viel vor. Wir entschieden uns, nicht auf den Tag X zu warten sondern zu leben. »Wenn Du auf diese Welt kommst, lachen alle und Du weinst. Lebe so dein Leben, dass wenn Du gehst, alle weinen und Du lachst. Das war nun sein Motto«

Wir lebten wirklich jeden Tag, jeden Tag, der gezeichnet war von Hoffnung, Liebe, aber auch Schmerz, Krankheit und Ängsten. Wir schenkten uns wunderschöne Momente in unserem Leben und es gab so viele Tage, an denen wir glücklich waren, obwohl wir wussten, unsere gemeinsame Zeit ist begrenzt. Wir verlobten uns, wir schworen uns die ewige Liebe, wir machten eine Menge Sachen zusammen und lachten sehr oft. Wir hörten Musik, tanzten, kuschelten. Wir zogen zusammen, richteten gemeinsam meine Wohnung neu ein, kauften uns ein Auto, verwirklichten viele Dinge, die andere nicht für möglich hielten. Ja wir lebten.

Irgendwann war der Tumor aber nicht mehr aufzuhalten. Zwei Dinge habe ich Mario versprochen.
  • Er wird friedlich gehen dürfen, wenn er nicht mehr kann
  • Ich werde Mario immer begleiten bis unser Weg sich trennen muss.
(Song: Sarah McLaughlin - In The Arms Of An Angel)

Mario hatte große Angst gehabt, da 65% der Lunge durch Tumor zerstört war, dass er bald ersticken wird. Er war damals Dialysepatient, da die Nieren nicht mehr arbeiteten. Er kämpfte für sich, für mich, für uns und für die Liebe.

Eines Tages als es ihm sehr schlecht ging, sagte er zu mir: Schatz ich kann nicht mehr, Du sagtest, wenn ich mal nicht mehr kann, dann darf ich gehen. Nun ist der Moment da, ich kann nicht mehr, darf ich gehen?? Ich nahm ihn weinend fest in den Arm und sagte: Ich liebe Dich, deswegen lasse ich Dich los und Du darfst jetzt gehen. Keine Schmerzen mehr, kein Kampf.

Mario entschied mit mir die Dialyse abzustellen. Die Ärzte redeten auf mich ein, ich folgte aber Marios Wunsch. Es tat weh, aber meine Liebe und mein Versprechen waren stärker. Als er immer mehr schlief, ließ ich die lebenswichtigen Medikamente abstellen. Es tat so weh, aber er konnte nicht mehr und ich wollte sein Leid nicht verlängern. Ich begleitete ihn auf der Reise. Die letzten Stunden waren so harmonisch, wie so oft unsere Beziehung war, die Musik lief, ich zog ihm seinen Verlobungsring an, seine Kette mit dem Herzanhänger und hielt seine Hand fest. Ich drückte und küsste ihn sehr oft. An letzten Abend als er wach wurde, wusste ich, es ist so weit. Er drückte mir dreimal die Hand fest, lächelte mich an und warf mir einen Mundkuss zu. Er schaute mich an und eine Träne lief sein Gesicht herunter. Ich nahm ihn in meine Arme und hielt ihn ganz fest, bis sein Herz aufhörte zu schlagen und er aufhörte zu atmen. Er schlief für immer in meinen Armen ein, so wie er es sich immer wünschte. Es wurde alles so ruhig. Ich wollte schreien, aber ich blieb stumm. Viele Träume sind mit Mario mitgestorben, die Welt um mich wurde sehr dunkel. Wir haben bis zum Schluss gehofft, gekämpft. Ich konnte die Welt nicht verstehen, denn nun wurde mir mein Liebstes genommen, nach dem ich so lange gesucht habe. Er war so jung mit 21, so ein herzensguter Mensch. Wieso? Warum er? Er hatte immer Humor, war für jeden da und half, wo er nur helfen konnte. Er nahm selten, gab aber so oft.

In der Nacht wünschte ich mir, die Zeit soll stehen bleiben oder die Welt soll untergehen, aber nichts von beidem ist passiert.

Ich saß an seinem Bett, zog ihn aus und wusch seinen Körper, wie so oft zuvor, als er noch lebte. Ich zog ihm die Kleider an, die er gemeinsam mit mir aussuchte für seine letzte Reise. Er sah so glücklich aus und sein Gesicht war nicht mehr verzerrt durch den Schmerz. Ich legte seine Hände zusammen, dazwischen weiße und rote Rosen. Es war so friedlich, aber es tat weh, ihn gehen zu lassen. Ich wusste, ich werde das Krankenhaus nun alleine verlassen, alleine nachhause zurückkehren, ohne Mario. Aber ich hatte eins, was mir nicht genommen worden ist: Die Liebe, die in mir ist, die uns verband und immer verbinden wird.

Die Beerdigung, als der weiße Sarg in die Erde gelassen worden ist, dies war so schmerzhaft, es riss mir mein Herz raus, aber ich hatte Menschen um mich, die mich lieben und mir zur Seite standen. Ich hatte auch die Liebe von Mario die mich begleitete. Unser letzter gemeinsamer Weg auf dem Friedhof war der längste und schwerste Weg meines Lebens.

Nach Marios Tod wurde ich selbst krank, erfuhr aber Liebe von fünf Menschen, denen ich an dieser Stelle danken möchte. Meine geliebte Mutter. Freddy und Barbara. Besonders danken möchte ich dem Boris, der die harte Zeit, die nicht immer leicht ist, mit mir durchgestanden hat. Der mich liebt, den ich auch liebe. Er akzeptiert, dass Mario ein Teil meines Herzens für immer behalten wird, aber auch er hat einen eigenen Platz in meinem Herzen bekommen.

Ich lernte in meiner Trauer noch eine besondere Person kennen. Die Doro / Sonnenblume. Doro Du bist meine Sonne, Du bist ein Mensch, den ich sehr liebe, weil Du so bist, wie Du bist. Du kämpfst mit mir an meiner Seite. Du hörst mir zu, wenn ich Schmerzen habe oder wenn es mir nicht gut geht, zauberst Du ein Lächeln in mein Gesicht. Ich hoffe aber, dass ich nicht nur nehme, sondern auch gebe. Ja, liebe Doro, ich gebe Dir hiermit meine Liebe und sage Dir DANKE, danke, dass Du meinen Weg im Leben gekreuzt hast, denn wenn es einen Gott und es Engel gibt, dann schickte mir der liebe Gott Dich als meinen Engel. Einen Engel, der selbst einen schweren Weg hat, der aber für andere Menschen Liebe übrig hat und so viel Liebes tut. Du brachtest mich hier auf den Rainbow-Stream und mit der Musik oft zurück ins Leben. Ich wünsche mir, dass wir lange uns gegenseitig eine Stütze sein können, denn wir sind wahre Freunde und ich habe das Gefühl, Dich mein Leben lang zu kennen. Als ich Dich das erste Mal in meinem Arm hielt, spürte ich damals in Stadthagen eine besondere Energie, die uns seit dem immer verbindet bis auf Ewigkeit, die Energie der Liebe.

Mario ist verstorben, auch meine Zeit wird irgendwann auf dieser Erde zu Ende gehen, aber ich werde meine Liebe geben und mein Leben versuchen besser zu leben. Meine Augen offen halten, um zu helfen, meinen Mund aufmachen, um zu sprechen, meine Gefühle auszudrücken und meine Hände nutzen, um neue Dinge zu erschaffen. Mit Liebe können wir unseren Weg besser gehen und keiner ist ein besserer Mensch als der andere, denn wir sind im Grunde genommen alle ein Ich und können uns im Leben stützen.

Unvergessen wird die Zeit bleiben, aber fürchtet Euch nicht, im Leben auch neue Wege zu gehen, Wege zu gehen, an die Ihr glaubt und die Hoffnung: Sie wird niemals sterben, sie stirbt nicht zuletzt. Alles hat seine Zeit, jede Beziehung, die Trauer, der Schmerz, aber den Weg bin ich gerne gegangen, denn ich erlebte sehr viele wunderschöne Momente, die voll erfüllt waren mit Liebe. Liebe ist ein unsichtbares Band, das mich mit Mario, mit allen anderen Menschen die ich sehr liebe auf Ewig verbinden wird. Mir wurde eins bewusst: Die Liebe, die ich in mir habe, kann mir keiner nehmen und auch die schönen Momente nicht. Menschen sterben nicht, denn sie gehen nur vor und ich werde irgendwann folgen.

In Liebe Marek Jan
Nun zum Abschluss ein Lied für alle, die ich sehr von ganzen Herzen liebe.
Ich werde immer bei Euch sein:

(Trude Herr, Niemals geht man so ganz)
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Was vergangen kehrt nie wieder,
aber ging es leuchtend nieder,
leuchtet`s lange noch zurück.

www.meinetrauer.de

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