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Alt 17.07.2003, 21:29
Gast
 
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Standard Gentest - aktueller Stand Raum Berlin

Hallo Christiane,

vermutlich hast Du mich gemeint. Vielleicht hilft Dir meine Sichtweise bei Deiner Entscheidung.

Ich bin jetzt 37 Jahre alt und habe zwei Kinder (3 und 6). Ich bin schon sterilisiert und habe somit die Familienplanung schon abgeschlossen bevor dieses Thema aktuell war.

Wäre es aktuell gewesen, hätte ich mich sicherlich für die Variante maximale Früherkennung entschieden, also die engmaschige Untersuchungsrunde alle halbe Jahre mit Ultraschall und Mammografie plus einmal jährlich MRT. Das wäre keine Frage gewesen. Eben wegen der Kinderkriegerei.

Der Gedanke, nur der blanken Vermutung wegen, keine Kinder zu kriegen ist für mich so ähnlich, wie nicht auf die Straße zu gehen, weil mich ein Auto erfassen könnte. Wer sagt denn, das es mich wirklich erwischt. Es gibt ja immerhin eine 2-20 % Chance nicht zu erkranken.

Diese Studie, in der ich in der Charite´ beteiligt war, befasste sich ausschließlich mit Brust- und Eierstockkrebs. Für die Auslösung ist wohl hauptsächlich dieses eine kaputte Gen verantwortlich. Man hat die Forschungen in dieser Richtung verstärkt, weil der Eierstockkrebs so schwer zu diagnostizieren ist und so aggressiv ist, d.h. sich so rasant entwickelt und man da irgendwie auf der Stelle tritt. (Bin kein Mediziner, das sind meine Deutungen aus den Gesprächen mit den Ärzten aus dem Forschungsprogramm)

Bei mir kommt aber noch eine andere Sichtweise hinzu. Meine Mutter hatte auch diesen „Gendefekt“ und ist mit 60 Jahren an Krebs verstorben.
Ich benutzte diesen Begriff übrigens nur wegen seiner Kürze, ohne Wertigkeit. Wenn sie davon gewusst hätte, wäre sie bestimmt nicht so leichtsinnig gewesen und hätte die ersten Anzeichen überhört, sich von Ärzten ohne Hinterfragungen fehldiagnostizieren lassen und wäre evtl. nicht so schnell verstorben. Vielleicht hätte sie mit der Krankheit noch einige Jahre leben können und hätte sich meinen Sohn noch angucken können. Sie hat ihn leider verpasst und hatte es sich so sehr gewünscht mein zweites Kind noch zu sehen. Was ich sagen will, durch den Gentest hat man auch eine Chance, einen Vorteil, weil man eine Information besitzt, die für einen selbst sehr wichtig ist. Es ist unbestritten, dass der psychologische Faktor unterschätzt wird. Meine Erfahrungen sind aber eher, dass die Testpersonen selber damit zu lax umgehen. Die Ärzte in der Charite´ haben sich da viel mehr Mühe gegeben. So ist zum Beispiel bei der Befundmiteilung eine Genetikerin, eine Gyn. und eine Psychologin dabei. Und nur, wenn alle drei da sind, wird der Befund mitgeteilt. Das war auch ein Grund warum das Ganze so lange gedauert hat. Nach Aussage der Ärzte war es wohl gar nicht so einfach, die alle für die vielen Familien, die getestet wurden immer wieder terminlich zu vereinen.

Ich schätzte mich immer als sehr stabil ein. Ich bin eher der krass realistische und durchweg positive Typ. Und trotzdem merke ich nun, dass ich die „Nebenwirkungen“ dieses Ergebnisses unterschätzt habe.

Ich würde an Deiner Stelle mit Deiner Frauenärztin sprechen und versuchen, so oft wie möglich diese Untersuchungen (Mammo, Sono) zu bekommen. Wenn das nicht ginge, würde ich so lange suchen, bis ich einen Arzt gefunden hätte, der mir das ermöglicht. Bei mir ging’s ja auch. Und erst, wenn Dein Kinderwunsch abgeschlossen ist, würde ich mich testen lassen. Wer weiß, wie weit die Medizin dann schon wieder ist.

Vielleicht habe ich mich jetzt ein bisschen sehr weit aus dem Fenster gelehnt, aber ich gehe von mir aus. So würde ich in Deiner Situation entscheiden.

Liebe Grüße von Charlie
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