Thema: Stammtisch
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Alt 21.01.2008, 16:14
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Stammtisch

Hallo an alle, wie schön, dass auch ihr noch da seid.

Mein Wochenende war vollgepackt, hatte nur kurz gelesen und einige eurer Gedanken mitgenommen.

Liebe Geli 55,

die Welt ist stehengeblieben, irgendwie. Unser Leben ist zerbrochen, keine Frage. Zeit relativiert sich plötzlich, für die einen ein "schon" für uns oftmals ein endlos langes "erst". Es gibt keine Regel, wie man am besten trauert, es gibt keine Anleitung, wie unser Leben am besten weiterzugehen hat. Es passiert, das Leben danach, wir werden früher oder später wieder teilhaben, auf unsere eigene Weise. Ist es besser alleine zu bleiben, ist es leichter sich wieder zu binden? Du hast Recht, man will es nicht hören, man glaubt es auch nicht, denn jetzt in diesem Augenblick stimmt es auch nicht. Jetzt in diesem Abgrund des Schmerzes ist es egal wie jung man ist, das Leben ist vorbei.

Nun hat nach einiger Zeit der Dunkelheit meinen Weg ein Mann gekreuzt. Ein liebenswerter Mensch, der mich und meine Trauer verstanden hat, der mich so kaputt gemocht hat, wie ich nun einmal heute bin. Ein Mann, dem das Schicksal auch das Liebste genommen hat. In mir war nur noch Chaos, von "darf ich das?" über "will ich das" bis zum "kann ich das?" Nie mehr so verletzbar sein, einer meiner größten Vorsätze. Und weißt du wie wichtig gerade der Segen meiner Schwiegermutter ist? Sie hat mir auch von Anfang an, bereits zu einem Zeitpunkt zu dem jeder Gedanke an eine mögliche neue Partnerschaft einfach nur absurd war, gesagt: Du bist zu jung, alleine zu bleiben. Und als ich ihr von Steffen erzählte, freute sie sich für mich, meinte, dass es ein toller Mann sein müsste, wenn ich ihn mag. Gerade ihr Segen, ihre Botschaft: Es ist okay ist das wichtigste überhaupt. Denn sie ist die Mutter meines Mannes und eben mit diesem Segen stellt sie klar: Es ist kein Verrat, er ist mein Sohn und er wird niemals ersetzt werden. Weißt du was ich meine? Es ist niemals ein MUSS, keine Aufforderung, sondern nur der Segen, dass es ok für sie ist, sollte es einmal so werden....

Liebe Sylvia,

ich glaube deine Bedenken zu verstehen. Deshalb möchte ich dich von mir wissen lassen, dass eigentlich das Gegenteil der Fall ist. Kein Runterziehen, sondern ein tröstliches Erkennen: Es wird niemals aufhören. Egal, was wir aus unserem neuen Leben machen werden, der Schmerz wird nicht vergehen.

Mir geht es eigentlich recht gut. Wie gesagt: Meistens gleichmäßiger Schmerz. Dieser Tage habe ich endlich meine lang ersehnte Festeinstellung bekommen. Eigentlich ein Grund zur Freude, klar. Ich hab es geschafft. Kann bleiben, wo ich mich so wohl fühle. Und was passiert? Das Tier springt mich an und ich lande ganz unten. Kann Claus nichts davon erzählen, er kann mich nicht rumschleudern, mir gratulieren, mich anstrahlen weil er sich mit mir freut. "Verdammt nochmal" Und ich liege am Boden, aber richtig. Und das Ende vom Lied. Ein wunderschönes Wochenende mit den beiden wichtigsten Menschen der neuen Zeitrechnung. Trauerarbeit bis zur körperlichen Erschöpfung. Tränen, erzählen. Klar hat sie alles schon öfter gehört, ich ihre Geschichten auch, aber irgendwie durchlebt man es tatsächlich genau in diesem Moment wieder.

Ja, PS ich liebe dich. Wir drei waren verdammt mutig, uns das "anzutun" Und das ausgerechnet während der Talfahrt. Aber ja, ich denke es ist wichtig, sich der Trauer immer und immer wieder bewusst zu stellen. Und der Film ist einfach nur fantastisch eben durch seine leisen Töne. Den leisen Schmerz, den die anderen so gerne übersehen, vor allem bei denen, bei denen es ja "wieder gut ist", denn schließlich ist ja da ein "neuer" Mann. Eine kranke Seele erkennt man nicht. Ein fehlendes Gliedmaß z.B. erkennt die Umwelt, da wird nicht erwartet, dass es wieder gut sein wird, klar, offensichtlich. Unsere Männer bleiben tot, auch das wird nie mehr gut, und das Herz, das uns dadurch herausgerissen wurde wächst auch nicht mehr nach, warum ist das nur so schwer zu verstehen?

Ja, das Wochenende war Schwerstarbeit, bin tatsächlich erschöpft. Und meine beiden haben mich ertragen...

Zu viel? Tut mir leid, aber auch bei mir sind es erst drei Jahre und drei Monate, erst und nicht schon!

LG
Andrea

Nachtrag an Rowa: Nein enttäuscht wird man nicht. Aber egal, auch wenn der Film sich überhaupt nicht an das Buch gehalten hätte....Du bist die Hauptdarstellerin, du fühlst was sie fühlt, du durchlebst es als sei es gestern erst passiert....
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Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες

Geändert von AndreaS (21.01.2008 um 16:17 Uhr)
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