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Alt 31.07.2003, 00:26
Gast
 
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe Sandra,
Ich wünsche Dir ganz viel Kraft für den morgigen Tag, ich werde sicher ganz viel an Dich denken.
Entschuldige, dass ich Dir noch nicht persönlich geschrieben habe, irgendwie klappte das mit meiner neuen E-Mail-Adresse nicht, hab jetzt also noch keine.
Deshalb hab ich Dich so lange warten lassen auf ein Schreiben.

Meine Mama ist am 10. August gestorben, in 10 tagen jährt sich also auch bei mir ihr Todestag. - Wenn ich Todestag auf dem Bildschirm lese, ist das immernoch so irreal, selbst nach einem Jahr kann ich es immer noch nicht glauben.

Was wirst Du morgen machen? hast Du Dir irgendetwas vorgenommen?

Das mein Papa damals so gelitten hat (und auch jetzt sicher noch), hat mir auch ganz arg zu schaffen gemacht. Keiner konnte sich vorstellen, wie das gehen soll, mein Papa ohne sie - sich war doch das Rad, das alles in Bewegung brachte und sie war doch die, die auf alles eine Antwort hatte.

Mein Vater hat seit ca. einem halben Jahr (etwas kürzer vielleicht) eine Freundin.

Ich gönne ihm das Glück so, und doch ist es innerlich schmerzlich, so wird einem noch mehr bewusst, das es das Leben, in dem wir so glücklich waren, nicht mehr gibt und nie mehr geben wird.
Weil es sie nicht mehr geben wird.

Meine Eltern sind ihr Leben lang umgezogen, nie war ich länger als sieben Jahre an einem Ort mit ihnen, meist zogen sie nach 3-4 Jahren schon wieder um.

Und so muss ich jetzt schmerzlich vestellen: Ich hatte zwar kein räumliches bestehendes Zuhause, aber: My Home is my mother
ist mir jetzt bewusst.
Und wenn mein Vater erzählt, dass die Möbel wegsollen, weil sicher Hannelore (seine Freundin) sich nicht wohl fühlen würde, wenn allles von Mutti wär´,
dann merke ich, wie weh es tut, und das es nie wieder so sein wird, wie´s mal war.

Ich habe meiner Mama am Telefon sagen können, das ich sie lieb hab, daswar, bis auf einen Streit vor 10 Jahren, das erste Mal, das ich es ihr sagte.
Wir haben es auch nicht gelernt, über Gefühle zu reden. Ich musste es einfach tun, habe meinen inneren Schweinehund überweunden, und ihr gesagt, dass ich sie soooo lieb habe. Und ich habe zum 1. Mal in meinem Leben gehört, was ich so vermisst habe: Ich Dich auch, mein Mädchen.
Darüber bin ich glücklich. Ich habe noch viele Sachen im Kopf, die ich ihr hätte erzählen wollen oder von ihr wissen wollen.

Wir konnten über gar nichts mehr reden, aber das haben wir uns die paar Tage vor ihrem Tod noch ganz oft gesagt (ich war auch so sprachlos, dass mir nichts einfiel um drüber zu reden.

Liebe Sandrah, ich denke ganz feste an Dich und hoffe, die überstehst den Tag einigermassen.
Ich bin noch etwas im Net, wenn Du noch wach bist, schreib mal, wenn Du magst natürlich nur.

Damaris

Ich möchte mich bedanken für all die lieben Zeilen von Euch und Euer Mitgefühl die auf mein letztes Schreiben kamen.
Dazu muss ich Euch auch was sagen:
Mein Bruder, meine hochschwangere Schwägerin und ich, wir kamen zu spät.
Im Endeffekt, aber glaube ich, hat mein Vater (ja, ich meine Gott) es richtig damit getan:
Wenn ich von ihrem Sterben hörte, wurde,bzw. wird mir immer wieder bewusst, ich wäre daran zerbrochen, meine Mama so leiden zu sehen.
Ihr müsst wissen, sie war stark und ich habe sie nicht ein einziges Mal jammernd gesehen, resigniert oder verzweifelt...
Das machte ihr starker Glaube, den ich jetzt umso mehr bewundere.

Selbst kurz vor ihrem Tod kam kein Klagen, und die Beerdigung hat sie vorbereitet für uns: Mit dem Pastor in einem weissen Auferstehungs-Talar und mit Liedern, die mich verstummen liessen "typisch Mama" hab ich gedacht, wie soll ich das denn singen können?
Sie hatte sich ausgesucht: "In Dir ist Freude in allem Leide" und zum Schluss Anbetungs- ja, Dankeslieder!!
Aber für meine Mama hab ich sie lauthals gesungen und mich so sicher, so aufgehoben und bestätigt gefühlt, dass ich wieder wusste, ich glaube nicht an irgendeinen erfundene Gott, nein!!!
Sprich mit ihm, und lass Dich auf ihn ein, dann merkst Du, er ist da!!!
Alles Liebe, Damaris

Ich war ein paar Tage nicht im Forum, es reisst immer so auf, dass ich danach nicht dran denken kann, wieder ins Forum zu gehen
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