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Alt 01.04.2008, 00:13
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Standard Zum Stand der Dinge

Hallo,

ich war lange nicht mehr hier, deshalb erstmal Danke für die Hilfe und die freundlichen Worte!

Ich dachte auch zeitweise, dass ich psychologische Hilfe bräuchte, aber irgendwie habe ich's dann doch nicht gemacht... ich brauch's aber auch nicht mehr, mir geht's gut, ich ziehe bald um (drei Monate nach dem Umzug in die Wohnung hier kam die Krebs-Diagnose, irgendwie verbinde ich das miteinander und fühle mich hier nicht mehr wohl, die Bude ist mitten in der Stadt, drumrum sind drei Straßenbahnen und ca. 100 WLANs und so. Und auch, wenn ich nicht an einen Zusammenhang von Elektrosmog und Krebs glaube, ist ein Tapetenwechsel in eine insgesamt ruhigere Gegend wohl durchaus sinnvoll ).
Den Dauerstressfaktor Freundin habe ich auch "entsorgt".

Das klingt jetzt vielleicht komisch, aber ich habe die Frau kurz vor der Chemo kennengelernt, während der Chemo sind wir zusammengekommen und sie hat mich mit ihrer Art auch latent davon abgehalten, mich mit mir zu beschäftigen. Entsprechend "gut" ging es mir, aber nur, weil ich meine ganzen Emotionen und Gedanken auf die Bewältigung ihrer Launen aufgewendet habe. Die Beziehung ist dann zerbrochen, als es dieses "Helferverhältnis" nicht mehr bestand. Aber ehrlich: Sie hat mir nachher so Sprüche gedrückt wie "wenn Du's noch auf der anderen Seite kriegst, hau' ich ab, auf Sex kann ich nicht verzichten." Überhaupt war ich entsetzt, wie wenig Empathie sie aufbrachte, mich sexuell zu fordern wie einen, der nicht eben 'ne Chemo hinter sich hat. So eine Haltung fand' ich dann doch ein wenig... schlimm, auch wenn ich geschmacklose Witze sonst recht gut abkann. Obendrein ging's mir ans Ego, ich bin halt auch nur ein Kerl

Wie dem auch sei: Seit sie weg ist, geht's mir wirklich gut, auch wenn ich ihr dankbar bin für die Zeit, in der sie mich unterstützt hat, ohne mich bewusst zu unterstützen, wenn Ihr wisst, was ich meine... Kontakt haben wir seither nicht mehr. Selbst ohne Krankheit hätte es aber wohl nicht gepasst, jedenfalls war die Trauer beiderseits moderat, nachdem es vorbei war.

Naja, ich werde wohl die Woche mal zum Doc gehen und den Kontrollgang im CT buchen. Ich denke nicht, dass da noch was ist. Ich bin auch nicht mehr dauernervös, wenn mal irgendwas ist mit Gesundheitsbeschwerden.

Zur allgemeinen psychischen Verfassung: Irgendwie komme ich mir "gereinigt" vor, erwachsener, irgendwie ruhiger und insgesamt "cooler" als vorher, insofern nehme ich die Krankheit als positiv auf im Endeffekt. Das klingt vielleicht nach neurotisch-metaphysischem Geschwätz, aber ich hatte vorher eine latente Depressionsneigung, habe zeitweise sogar Pillen dagegen genommen. Seit der Chemo ist das komplett... weg! Keine schlaflosen Nächte mehr, kein Dauergrübeln, kein Gefühl von "Überflüssigkeit" und andere Dinge, die meine (leichte) Form organisch bedingter (genetische Neigung familiär...) Depression ausgemacht haben. Insofern hatte der Krebs, so komisch das klingt, einen psychisch heilenden Effekt. Ich kann das Leben jetzt schätzen, was ich vorher nicht konnte, bin aktiver, kreativer und entspannter, ohne das weiterhin über mir schwebende Damoklesschwert zu ignorieren. Jeder Arztbesuch ist natürlich weiterhin eine unangenehme Pflichtübung und meine größte Sorge ist weniger, dass da was vergessen wurde, als dass sich der zweite auch noch entschließt, zu mutieren...

Trotzdem kann ich allen anderen Betroffenen nur das Beste wünschen: Schwere Prüfungen haben auch positive Effekte, wenn man sie hinter sich gebracht hat! Wer die psychologische Hilfe braucht, sollte sie in Anspruch nehmen, ich denke, ich brauchte sie nicht

Gruß,
Christian

Geändert von iLive (01.04.2008 um 00:31 Uhr)
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