Thema: Leidensweg
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Alt 28.04.2008, 14:47
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mock mock ist offline
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Standard AW: Leidensweg

Liebe Sarah,
es tut mir sehr leid für dich, dass du dieses schwere Schicksal schon mit 21 zu tragen hast. Mein Papa ist im Dezember an Magenkrebs gestorben, er war aber doch schon 76 Jahre. Nichtsdestotrotz tut es sehr weh, ein Elternteil zu verlieren - egal wie alt!
Bei meinem Vater war nach der Diagnose schnell klar, dass ihm nicht allzuviel Zeit bleiben wird - er hatte bereits Knochenmetas und bei der geplanten OP sah man die Bauchfellmetas....
Schwierig für mich war damals unter anderem, dass meine Mutter (sie ist leider selber krank, sie hat Parkinson) verzweifelt daran festgehalten hat, dass man auch mit Krebs noch einige Jahre leben kann. Durch meine Gespräche mit den Ärzten (ich bin selber auch Krankenschwester) wusste ich aber von der kurzen Zeitspanne, die uns bleiben würde. Ich habe daher versucht, meine Mutter mit dem Unausweichlichen häppchenweise zu konfrontieren und wollte gleichzeitig meinem Vater das Gefühl geben, dass er mit mir über das bevorstehende Ende reden kann (und mit allem was dazu gehört; organisatorisch, emotional, Ängste - was kommt nach dem Tod usw.) Das ging aber nur, wenn meine Mutter nicht dabei war....
Da ich allerdings 100 km weg wohne und nur alle 2 Wochen (während seiner Chemo) für 2 Tage kam (ich habe selber Familie , 2 Kinder) und ich ja auch immer einen günstigen Moment für solche tiefen Gespräche abwarten wollte, hat sich das schon ein paar Wochen hingezogen, bis wir beide das GEfühl hatten (und er es mir auch deutlich gesagt hat) : ES IST ALLES GEKLÄRT!
Wir haben in dieser Zeit (auch wenn meine Mama dabei war) alte Erinnerungen aufleben lassen, ich habe noch vieles aus seinem Leben erfragt, was ich noch nicht wusste und wir haben auch zusammen geweint (manchmal aber auch gelacht :-)). Diese ZEit war im NAchhinein betrachtet die innigste, die ich mit meinem Vater je verbracht habe - und es ist eines der wenigen guten Seiten, die diese Krankheit mit sich brachte.

Warum schreibe ich dir das alles? Weil ich dir einen Anreiz geben wollte, dich nochmal mit dem Gedanken auseinander zusetzen, ob du deinen Papa nicht doch nochmal besuchen möchtest.
Auch mein VAter starb im Hospiz, die letzten TAge vor seinem Tod war er so schwach, dass er nicht mal mehr die Schnabeltasse halten konnte. Aber einen Tag vor seinem Tod ging es ihm erstaunlich gut (für die Umstände - auch er bekam längst keine künstliche Ernährung mehr und hatte einen Riesenaszites.)Aber an diesem Tag war ich ihm nochmal so nahe ....und dieses Wissen tröstet mich ein wenig.
Ich wünsche dir und deiner Mutter Kraft ohne Ende auf diesem schweren Weg, und deinem Papa ein sanftes Hinübergleiten in seine neue Welt!

Liebe Grüße
ELke
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