Einzelnen Beitrag anzeigen
  #2  
Alt 04.01.2009, 21:48
Polyglotte Polyglotte ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.09.2008
Beiträge: 346
Standard AW: Die Angst ist bei mir angekommen

Lieber Christoph,
ich habe Deinen letzten Thread gelesen, wollte Dir auch antworten, aber hätte vermutlich viel zu weit ausgeholt und habe es daher erstmal gelassen. Mal sehen, ob es mir hier in etwas kürzerer Form gelingt.

Zunächst: Es ist schwer, ich weiß, aber versuche Dich nicht jetzt schon verrückt zu machen. Gerade wenn man so viel gesehen und durchgemacht hat wie Du, malt man sich natürlich auch aus, wie es einem selbst in einer solchen Lage ergehen könnte. Aber vielleicht gelangt man auch gerade, wenn man einen geliebten Menschen durch Krebs verloren hat, sehr schnell zu dem Schluss, dass man selbst auch daran leiden könnte. Ich kenne Deine momentane Symptomatik nicht (Wenn es eine gibt, Du schreibst, es sei ein Routinecheck), möchte Dir auch in keinster Weise unterstellen, dass Du Dich in etwas hineinsteigerst, aber im Moment weißt Du eben noch nichts und die Angst vor dem, was sein könnte, ist lähmend. Ich habe einen lieben Freund, bei dem man vor einigen Monaten einen Tumor im Kopf entdeckt hat. Man hat ihm gesagt, der Tumor streue zur Zeit nicht, aber er solle nächstes Jahr (!) wiederkommen, damit man sehen könne, wie schnell er wachse. Als ich ihn vor ein paar Tagen gesehen habe, sagte er mir, er habe sich fest vorgenommen, sich bis zu der Untersuchung im März keine Sorgen zu machen. Er könne momentan ehe nichts daran ändern. Ich ziehe meinen Hut vor ihm. Ob ich eine solche Einstellung bewahren könnte, bezweifle ich. Aber er ist nicht nur mutig, sondern auch weise, denn er hat recht. Im Moment weiß er nichts Genaues und sich von der Angst zerfressen zu lassen, würde ihm alles andere als gut tun.

Ich habe vor ein paar Wochen eine gute Freundin durch Lungenkrebs verloren. Deswegen schreibe ich hier. Es gibt keinen Augenblick des Tages an dem der Gedanke an Krebs nicht auch bei mir präsent ist. Du hast recht mit dem was Du in Deinem anderen Thread über die Entartung der Zellen beim Menschen geschrieben hast. Es ist ein Wunder, dass so viele von uns so lange so gesund leben. Aber: Wenn ich an meine Freundin zurückdenke, möchte ich nicht, dass das mein bleibender Gedanke ist. Sie war und ist so viel mehr, als das, was eine Entartung einer Zelle bei ihr zur Folge gehabt hat. Ich denke an sie und erinnere mich an ihren Humor, ihre funkelnden Augen, ihre Liebe zur Literatur, zur Musik, zum Leben. Das ist es doch, was die Menschen, die wir lieben ausmacht, viel mehr als das Physische, was leider endlich ist.

Ich habe mit Sicherheit nicht das gesehen, was Du gesehen hast und habe wirklich großen Respekt davor wie Du Deine Mutter begleitet hast. Aber ich möchte Dir einfach das weitergeben, was eine Freundin neulich zu mir gesagt hat: Lass nicht zu, dass der Krebs Dir auch Dein Leben nimmt.

Nun ist es doch wieder sehr lang geworden...

Lieber Christoph, ich wünsche Dir alles erdenklich Gute für die anstehenden Untersuchungen, drücke ganz fest die Daumen, dass alles gut verläuft und die Ärzte Dich beruhigen können.

Pass gut auf Dich auf,
Deine Sarah
Mit Zitat antworten