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Alt 17.01.2009, 19:19
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Ibis Ibis ist offline
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Standard AW: Klinkwechsel zwischen OP und Chemo?

Hallo Björn,

also mit dem Onko-Konzil ist das nicht so, dass jeder einzelne Fall wöchentlich neu beraten wird. Im Normalfall gibt es in der Klinik einmal wöchentlich eine Tumorkonferenz, auf der die neuen Fälle besprochen werden. Unter Berücksichtigung aller Faktoren wird hier von den Ärzten die weitere Behandlung festgelegt, z.B. ob noch eine Bestrahlung erfolgen soll, welche Art von Chemo die Patientin bekommt etc.

Das ist im Fall Deiner Mutter ja bereits geschehen und Ihr könnt von der Klinik einen Arztbrief verlangen, in dem der Befund, der bisherige Behandlungsverlauf und die Therapieempfehlungen enthalten sein müssen. Mit diesem Arztbrief könnt Ihr dann in die onkologische Praxis gehen und mit dem Arzt besprechen, ob er mit der Therapieempfehlung der Klinik übereinstimmt oder einen anderen Vorschlag hat. Falls er eine andere Behandlung durchführen möchte, sollte er begründen, warum diese in seinen Augen besser ist; Ihr könnt Euch dann entscheiden und ihn seine Vorstellungen verwirklichen lassen, ihn bitten die ursprünglich geplante Behandlung durchzuführen oder ggf noch eine Drittmeinung einholen.

So, und nun zur Durchführung der Chemo: Deine Mutter wird voraussichtlich alle 3 Wochen in die Praxis gehen, um dort ambulant ihre Infusionen zu erhalten. Das kann - je nach Behandlung - durchaus auch 5-8 Stunden dauern, weil es Wartezeiten geben kann (z.B. nach der Blutuntersuchung, bis zum Eintreffen der Infusionsbeutel etc) und die Infusionen selbst auch recht lange dauern (kann auch 1 Stunde oder mehr pro Beutel sein). Sie sollte sich also genug zu essen, trinken, lesen, stricken, Musik hören oder was auch immer mitnehmen. Wenn sie fertig ist, kann sie nach Hause gehen.

Und nun wirken die Chemotherapeutika in ihrem Körper und vernichten nicht nur evtl übriggebliebene Krebszellen, sondern auch alle anderen schnell wachsenden Körperzellen, wie etwa Schleimhäute, Haarwurzeln, Knochenmarkszellen. Durch die Beeinträchtigung der Knochenmarkszellen kommt es zu einem Absinken der Blutbestandteile wie z.B. Immunzellen; der Tiefpunkt liegt im allgemeinen ca 10 Tage nach der Infusion. Dies ist also die Zeit, in der Deine Mutter am stärksten Infektgefährdet sein wird. Sollte sie tatsächlich einen Infekt oder Fieber ungeklärter Ursache bekommen, muss sie im schlimmsten Fall für einige Tage ins Krankenhaus, um dort mit Antibiotika behandelt und vor allem auch von weiteren Ansteckungsquellen isoliert zu werden. Es ist also keineswegs so, dass man Krankenhausaufenthalte notwendigerweise mit einplanen muss; im allgemeinen kommt man eigentlich darum herum. Und der Fall, dass man unmittelbar von der Infusion ins Krankenhaus muss, ist wohl allerhöchst selten (vielleicht einmal bei einer schweren allergischen Reaktion?).

Es wäre also egal, ob Deine Mutter sich im Falle eines Falles wieder in die Uniklinik begibt, in die Partnerklinik des Onkologen oder in ein ganz anderes Krankenhaus. Die Ansage "Infekt bzw Fieber unter Chemo" verstehen die wohl hoffentlich alle und da ist auch keine Onko-Konferenz zur Behandlung erforderlich. Sollte eine Änderung der Chemotherapie erforderlich werden (Dosisreduktion, Gabe von zusätzlichen Spritzen zur Anregung der Blutbildung etc) ist auch der Onkologe mit Sicherheit in der Lage, die erforderlichen Schritte zu ergreifen. Da Deine Mutter bereits operiert ist, sind auch keine bildgebenden Untersuchungen zur Größenkontrolle des Tumors erforderlich, denn der ist ja schon weg.

Zwischen der OP und dem Beginn der Chemo sollten für die beste Wirksamkeit am besten nur 2-4, maximal 6 (allerhöchstens 8) Wochen liegen; ich denke also, dass Ihr noch ausreichend Zeit für weitere Überlegungen habt.

Ich wünsche Euch die bestmögliche Wahl des Behandlungsortes und vor allem für Deine Mutter eine wirksame und nebenwirkungsfreie Chemo!

herzliche Grüße
Ibis
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(altes chinesisches Sprichwort)

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