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Alt 23.05.2009, 21:46
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Steffel Steffel ist offline
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Standard AW: Kann man Krebs wirklich "bekämpfen"?

Hallo Euch allen,

danke für Eure ausführlichen Antworten! Sie zeigen wieder mal, wie verschieden man ein Thema betrachten kann. Ich möchte mich nochmal melden weil ich mich, glaube ich, nicht klar genug ausgedrückt habe:

Im Zusammenhang mit Krebs lehne ich das Wort "kämpfen" ab, weil kämpfen immer mit Siegen und Verlieren zu tun hat. Wer kämpft und glaubt, den Krebs aus eigener Kraft in die Knie gezwungen zu haben, wäre dann der Sieger, die anderen sind dann die Verlierer. Wie wirkt das auf jemanden, der sich im Endstadium befindet? Muss der sich dann sagen, ich habe nicht genug gekämpft und verloren? Noch krasser empfinde ich das bei solch reisserischen Überschriften wie "ich habe den Krebs besiegt" oder "wie xyz den Krebs bezwang" (jedoch meistens nur in Frauenzeitschriften zu finden).

Meine Meinung ist, auch aus meiner persönlichen Krankheitsgeschichte heraus, dass wir dem Krebs letztlich nicht unseren Willen aufzwingen können - sonst wäre er ja auch nicht so gefährlich. Wir haben einen gewissen Spielraum, den wir zu unseren Gunsten oder Ungunsten gestalten können. Wir können uns stärken und damit die Behandlung und den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Die allerletzte Entscheidung zum Verlauf der Krankheit haben wir aber nicht in der Hand, können wir nicht erkämpfen, auch nicht die Ärzte oder sonstwer.Von christlicher Seite her kann man es Gott nennen oder auch Vorsehung, Schicksal, was auch immer.

Wir können wohl entscheiden, ob wir uns vom Krebs und allem was er mit sich bringt, herunterziehen lassen oder ob wir (siehe Formulierung von Heiderose) ihm den Platz im Leben zuweisen, den wir ihm zugestehen wollen. Doch dies hat mit Selbstdisziplin, Willen, Vertrauen und Demut zu tun, nicht mit Kämpfen. Ich kann ja die Krebszellen in meinem Körper nicht zwingen, endlich mit der Teilung aufzuhören oder sich doch bitte von der Chemo zerstören zu lassen.

In dem Zusammenhang möchte ich auch erwähnen, dass ich schon immer den Begriff "bösartig" (bösartiger Tumor) total abgelehnt und noch nie verwendet habe. Ich habe den Krebs von Anfang an nie als Feind betrachtet. Schließlich sind die Krebszellen aus meinem Körper, meinem eigenen Gewebe entstanden, sie wurden mir nicht als Fremdkörper eingepflanzt. Wie kann ich etwas aus mir selbst gewachsenes als bösartig bezeichnen?

Ich lasse mich von dieser Krankheit auch nicht unterkriegen, was aber meine Krebszellen trotzdem nicht einschüchtert. Ich bin weder wehleidig noch versinke ich in Selbstmitleid, ich habe nicht nur sämtliche OPs und Chemos problemlos vertragen, sondern bin als begeisterte Radlerin letztes Jahr zwischen zwei Caelyx Chemos 500 km am Rhein entlanggestrampelt und vor kurzem, zwischen zwei Topotecan-Chemos, 400 km ab Rheinursprung in der Schweiz (letzte Rhein-Etappe nach Rotterdam ist für Herbst geplant). Ich habe also eine ausgezeichnete Verfassung, trotzdem konnte keine Chemo bisher etwas ausrichten, stets gab es schon während der Chemo selbst neues Tumorwachstum. Wenn man also Krebs wirklich selber bekämpfen könnte - habe ich dann etwa zu wenig gekämpft?! Versteht Ihr, was ich damit meine?

Gegen den Krebs kämpfen erweckt den Eindruck, als ob ich die Zügel selbst in der Hand halte, was nicht stimmt. Ich kann, wie gesagt, den Verlauf günstig oder ungünstig beeinflussen, sogar sehr stark beeinflussen. Letztendlich aufhalten kann ich ihn aber nicht - auch wenn der Körper so fit ist (siehe oben), dass er zwischen den Chemos 400 km abradelt. Deshalb hatte mich auch der Ausspruch von Lance Armstrong (siehe ganz oben) so beeindruckt, dass er seine Heilung letzten Endes nicht sich selbst zuschreibt, sondern einfach nur dankbar dafür ist, dass es so gekommen ist.

Vielleicht denkt Ihr jetzt nach all dem: Na, wenn sie keine größeren Probleme hat als sich über sowas den Kopf zu zerbrechen....

Ich bin empfindlicher geworden gegenüber manchen Phrasen und Schlagwörtern, die im Grunde nichtssagend sind. Mir schwirrt dieses Thema, zu dem es noch viel mehr zu sagen gäbe, schon so lange im Kopf herum, jetzt bin ich wenigstens einen Teil davon losgeworden.

Es grüßt Euch
Monika
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