[Schneekugel]

Liebe Dani, liebe Tasi,

dani...oh mein Gott. Bei Dir sind es heute schon 5 ganze Monate. Und auch mein Papa hat mich heute vor genau 2 Monaten, also am 01.04. verlassen. Mein Gott wie die Zeit rennt. Ich erinnere mich an meinen 1.Eintrag: Du hast mir gleich soviel Mut zugesprochen und ich habe Dich bewundert, dass Du trotz Deiner Situation die Kraft hast andere zu trösten. Danke nochmal dafür. Heute geht es mir etwas besser. Gestern hatte eindeutig der Sonnenuntergang Schuld. Ich schaffe es momentan einfach nicht mich über irgendetwas zu freuen. Bin viel zu pessimistisch. Ich weiß das, kann es aber auch nicht abschalten. Die letzten Jahre ist einfach zu viel passiert. Ich habe den Glauben an ein langes und gutes Leben verloren. Mama würde gerne sehen, dass ich zum Psychologen gehe. Prinzipiell habe ich nichts dagegen, aber andererseits weiß ich beim besten Willen nicht, wie er meinen Optimismus wieder hervorkitzeln will. Ich reagiere ja nicht übertrieben hyterisch und sage "Weil einer gestorben ist, sterben alle!" Nein es ist tatsächlich so. Es geht immer munter weiter. Letztens sah ich einen Film. Da sagte eine alte Dame:" Wir sind jetzt in einem Alter, da trifft man sich öfter auf Beerdigungen!" Ich konnte nur lachen. Ich bin so groß geworden. Es ging einfach immer und immer weiter. Ich beneide Menschen in meinem Alter (28), die noch nie auf einer Beerdigung waren. Ich habe sie förmlich gesammelt. Wie soll ein Psychologe das noch schön reden? Vielleicht mache ich es mal Mama zu Liebe, um sie zu beruhigen, aber wirklich offen bin ich für sowas zur Zeit nicht.

Liebe tasi,

das tut mir von ganzem Herzen leid. Bei Dir ist´s ja noch ganz frisch. Wie geht es Dir? Du spürst -wie ich Deiner Nachricht schon entnehmen konnte- sicher auch einen ganzen Batzen Erleichterung. So ging es mir nach Papas Tod. immer noch. Zu wissen, dass das sowieso Unabwendbare eingetreten ist, hat mich auch irgendwie beruhigt. Ich habe es nun hinter mir. Das ist ja schrecklich wieviele Krebsarten Deine Mama gleichzeitig hatte. Womit fing es denn an? Ich bin immer wieder erschüttert, wie jung unsere Verstorbenen sind. Letzten an Papas Grab kam eine ältere Dame zu mir. Sie hatte auf Papas Kreuz gesehen, dass er erst 1949 geboren wurde und somi im januar gerade erst 60 wurde. Mit Tränen in den Augen bedauerte sie, dass er so früh gehen musste und erzählte mir, dass ihre Tochter gerade 60 wurde.
Aber Du meine Güte. Deine Mama war ja noch jünger. Gut, dass sie vom leid erlöst ist, aber unfassbar, wie jung sie war.
Lass uns immer dran denken, dass sie uns keiner von da wo sie jetzt sind wegnehmen kann. Wir müssen wenigstens keine Angst mehr um sie haben.
Ich denke an Dich und schicke allen Kraft, die diesen Albtraum noch vor sich haben.

Gute Nacht Ihr Süßen

LG Irina