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Alt 19.01.2010, 22:49
Mottema Mottema ist offline
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Standard AW: Warten oder starten (foll. NHL I/4A)

Hallo Ihr Lieben,

vielen Dank für die vielen Nachfragen, das tut richtig gut!
Tja, wo war ich so lange? Ich könnte jetzt die neuen Zähne vom Zwerg vorschieben, den ich tagelang herumtragen und nächtelang im Arm halten mußte. Ich könnte auch meine sich hinziehende Nebenhöhlenentzündung und unsere wunderschöne Hochzeitsreise heranziehen. Das wäre alles nicht gelogen, aber doch nicht ganz ehrlich...
Ich weiß auch nicht ganz genau, warum, aber ich bin im Moment sehr deprimiert. Gleichzeitig denke ich, dass ich dazu ja nun gar kein Recht habe. Erst konnte ich mich vor der Chemo drücken, dann die Hochzeit, nicht zu vergessen unser gesundes Kind. Und dagegen all die vielen lieben Menschen hier, denen es so viel schlechter geht und die trotzdem so ihr Leben genießen. Ehrlich gesagt schäme ich mich fast ein bißchen.
Angefangen hat es, glaube ich, damit, dass mich nun mehrere Ärzte gefragt haben, ob wir noch ein zweites Kind haben wollen. Für mich stand immer fest, dass ich kein Einzelkind haben wollte. Und dann kam die Diagnose. Ich habe mich nach dem ersten Schock ganz gut erholt und mit der Aufarbeitung begonnen. Und mir war völlig klar, dass eine weitere Schwangerschaft nicht in Frage kommt, dass ich dankbar sein sollte, dieses eine, wunderbare Kind zu haben.
Aber nun merke ich, dass es doch alles nicht so einfach ist. Ich frage mich: werde ich den Schulabschluß von unserem Zwerg noch erleben - oder vielleicht nicht einmal seine Einschulung? Die Stimme der Hoffnung sagt: Noch meine Enkel werde ich auf dem Schoß haben.
Was auch immer kommt, ich trauere um den Verlust meiner Gesundheit, meiner Unbekümmertheit, dem Gefühl, unsterblich zu sein. Es frustriert mich, dass nicht länger ich selbst entscheiden soll sondern die besch... Krankheit. Und dann frustriert mich, dass ich frustriert bin. Wie soll ich die Kraft haben, alles durchzustehen, wenn ich schon jetzt, wo es mir so gut geht, rumjammere?
Entschuldigt, dass es so lang geworden ist. Und vermutlich trotzdem nicht verständlich... Ich hoffe einfach, dass mir nur das Wetter, diese ständigen Hormonumstellungen (Schwangerschaft, Stillzeit, die künstlichen Wechseljahre und nun langsam hoffentlich wieder Normalität) und vielleicht der Schlafmangel zusetzen.
Eigentlich wollte ich das ja alles gar nicht hier lassen. Aber auf der anderen Seite habe ich mich in den letzten Wochen sehr isoliert - auch im "realen" Leben, das ist nicht gut.
Ich wünsche Euch allen eine gute Nacht und alles, alles Gute!
Die Motte
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Wenn ich wüßte, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen (nach Martin Luther)
Vielleicht würde ich doch in seinem Schatten sitzen und frischgebackenen Apfelkuchen essen...
Diagnose 2007: Follikuläres Lymphom Grad 1, Stadium 4A, Watch & Wait
Therapie 2011: R-Bendamustin + Cyclophosphamid, Stammzellsammlung
Schwere Neutropenien bis 8 Monate nach Therapieende
Komplette Remission und immer mehr Kraft

Geändert von Mottema (16.08.2010 um 23:16 Uhr)
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