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Alt 15.03.2004, 13:55
Gast
 
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Standard Jetzt stirbt Du tatsächlich ...

Hallo an alle hier!

es fällt mir unsagbar schwer auszudrücken was ich empfinde wenn ich Eure Beträge lese. Einerseits ist es gut zu sehen das man nicht alleine ist, dennoch kann es mich nicht wirklich trösten. Andererseits bin auch ich, wenn ich diese Zeilen lese nur am Weinen, denn es tut immer noch so sehr weh. Mein geliebter großer Bruder ist im August an seinem Hirntumor verstorben. Es waren furchtbare Monate die er, aber auch wir erleben mussten. Er konnte seid ca. einem Jahr nicht mehr spechen, was für mich das Schlimmste war. Es fehlten einfach so viele Gespräche. Ab März letzten Jahres ging es dann rapide bergab. Er sollte nach der Chemo bestrahlt werden, aber es half einfach nichts mehr. Innerhalb 2-3 Wochen kontte er lediglich seinen Kopf und den linken Arm bewegen. Alles andere war gelähmt. Er trug Windeln und Kathedar, es war einfach ein so schrecklicher Anblick. Mein geliebter Bruder, 2 m groß, immer sportlich aktiv, gerade mal 35 Jahre alt und dann das. Er hat so gelitten, ich konnte es kaum ertragen ihn so zu sehen. Und nie konnte er sich uns mitteilen. Mein Mann und ich wollten dann unsere, für den 02. August 03 geplante, Hochzeit ausfallen lassen. Doch mein Bruder bedeutete mir das er mich unbedingt als Braut sehen wollte. Also planten wir die Hochzeit so gut es eben mit dem Gedanken an den Tod geht. Eine Woche vor der Hochzeit fing es ann meinem Bruder immer schlechter zu gehen. Am Montag vor der Hochzeit war ich schon früh bei ihm und fragte ihn, wie schon so oft ob er denn wirklich wollte das wir die Hochzeit so durchziehen. Er sah mir tief in die Augen, hielt meinen Arm fest und brachte ein wirklich ein JA zu Ausdruck. Drei Stunden später hat mein Bruder zum letzten Mal in seinem Leben Nahrung zu sich genommen. Ich fütterte ihn wieder mal mit Melone, die liebte er. Und plötzlich beim dritten Stück konnte er nicht mehr schlucken. Ich bettelte und flehte ihn an doch zu schlucken, oder aber es wieder aus zu spucken. Aber er war so weit weg. Er hatte die Augen zwar noch offen aber er war einfach nicht mehr da. Am Mittwoch schließlich lag er nur noch mit geschlossenen Augen da, als ich ihm von den Hochzeitsvorbereitungen erzählte sah er mich plötzlich mit riesigen Augen an. Es war als wollte er nir etwas sagen. Mittwoch Abend haben mein Mann und ich beschlossen die ganze Hochzeit abzusagen. Mein 2. Bruder machte mir die Hölle heiß das ich aus Pietätsgründen doch in solch einer Situation nicht heiraten könne. Doch meine Schwägerin schimpfte mit uns und meinte wir hätten es meinem Bruder schließlich versprochen. Also wollten wir es doch wagen. Am 2. August wurden wir nun denn getraut. Es war eine merkwürdige Hochzeit. Teils wurde aus Freude geweint, aber größten Teils doch aus trauer. Nach der Trauung fuhren meine Schwägerin, meine 2. Bruder und ich dann ins Hospiz. Ich wollte meinem Bruder unbedingt meinen Brautstrauß ans Bett stellen. Doch als ich in sein Zimmre kam tarf es mich wie ein Schlag. Mein Bruder hatte nun auch noch Wasser in der Lunge. Nie werde ich dieses merkwürdige Gurgeln vergessen können. Und obwohl mein Bruder seit nunmehr drei Tagen kein Auge mehr geöffnet hatte, wusste ich das er mich sieht. es dauerte lange bis ich mich wieder etwas beruhigt hatte, denn dieser Anblick sitzt noch heute sehr, sehr tief. Meine Schwägerin blieb bei meinem Bruder und obwohl ich auch lieber bei ihm geblieben wäre, schickte sie mich zurück zu unseren Hochzeitsgästen. Ich war wie erstarrt, was sollte ich denn nur machen? Kann ich jetzt einfach so meine Hochzeit feiern? Ich konnte nicht, aber ich musste. Mein Mann war bei unseren Gästen geblieben, sah mir aber sofort an wie es um meinen Bruder stand. Aber wir schlugen uns tapfer durch diesen Abend. Um 0.30 Uhr sah ich meinen Mann plötzlich mit dem Handy am Ohr und wusste genau was los ist. Mein Neffe fuhr meinen Mann, meinen anderen Bruder und mich so schenll er konnte ins Hospiz. Um 1.20 Uhr stürzten wir aus dem Fahrstuhl wo uns bereits eine Schwester empfing. Mein Bruder ist um 1.15 Uhr für immer eingeschlafen. Wir waren zu spät gekommen. Mein anderer Bruder brach total zusammen, konnte es nicht begreifen das wir zu spät da waren. Ich fühlte mich unendlich schuldig deswegen. Hätten wir doch nur nicht geheiratet, dann wären wir vielleicht bei ihm gewesen. Denn auch meine Schwägerin war kurz nach Hause gefahren um sich um ihre Tochter zu kümmern. Und, als ob er darauf gewartet hat, ist mein geliebter Bruder genau in dem Moment von uns gegangen wo er alleine war. Ich ging in sein Zimmer und nun brach auch ich endlich zusammen. Ich konnte die Tränen nicht mehr halten. Ich weiß nicht wie lange ich mich an der Brust meines Bruders ausgeweint habe, irgendwann kam dann auch meine Schwägerin und ich ließ sie mit ihrem Mann allein. Am nächsten Morgen hatten dann die Schwestern meinem Bruder seinen Lieblingsanzug angezogen. Wie er so da lag, in seinem nunmehr viel zu großem Anzug, meinen Brautstrauß auf der Brust und den Anstecker meines Mannes am Kragen konnte ich mich wieder nicht halten und weinte, weinte, weinte. Ich wollte einfach nicht geheh. Die Vorstellung, wenn ich dieses Zimmer verlasse ihn dann nie wieder zu sehen zerriß mich schier. Ich weiß heute nicht mehr wie lange ich bei meinem Bruder war und auch nicht wie ich den Rest des Tages überstanden habe. Aber ich weiß wenigstens habe ich meinem Bruder einen seiner letzten Wünsche erfüllt, nämlich mich als Braut und somit in guten Händen zu wissen. Auch wenn ich für den Rest meines Lebens meinen Hochzeitstsag immer in trauriger Erinnerung haben werde, weiß ich mein Bruder hat für mich so lange tapfer durchgehalten.

MEIN BRUDER

Es braucht nicht vieler Worte und er weiß wie es um mich steht.

Er hilft mir jederzeit und weiß worum es mir geht.

Es ist ein unsichtbares Band aus Liebe die wir uns gegenseitig geben, auch wenn wir wenig Zeit haben uns zu sehen in unser beider Leben.

Was auch geschieht, niemals lass ich Dich allein.

Wir werden immer durch dieses Band verbunden sein.

Ich liebe Dich Stephan

Deine kleine Schwester

Danke an alle hier für Eure Beiträge.

Silke
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