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Alt 09.04.2010, 15:09
Antara-01 Antara-01 ist offline
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Standard AW: Meine liebe Mama, Du fehlst mir so sehr!

Liebe Julita,

wie sich unsere Geschichten doch gleichen... Meine Ma war auch immer ein optimistischer Mensch. Selbst in den schwierigsten Situationen hat sie nie ihr Lachen verloren. Bis dann der Krebs kam. Das erste Mal hat sie schon sehr mitgenommen, aber wir glaubten ja alle, er käme nie wieder. Aber als er dann doch wieder da war, zerbrach sie. Ich werde nie vergessen, wie sie auf dem Stuhl im Garten saß, mit ganz toten Augen, wie ich sie noch nie zuvor an ihr gesehen habe, und sich in einem kleinen Spiegel betrachtete und schaute, wo ihr die Haare von der Bestrahlung ausgefallen waren. Sie hat so tapfer gekämpft, hat alles Mögliche und Unmögliche über sich ergehen lassen, aber nichts hat dieses Monster besiegen können.

Meine Gedanken kreisen auch oft darum, was ich hätte anders machen können, besser, wo ich mehr für sie hätte da sein können. Aber auch ich war mit meiner Kraft völlig am Ende und war mit vielen Dingen auch überfordert. Viel besser hätte ich es wohl nicht machen können. Aber natürlich denkt man doch weiterhin darüber nach. Ich denke, sie wusste, dass ich alles für sie getan habe, was ich nur konnte und sogar mehr als das. Und sie wusste, wie sehr ich sie liebe, dass sie mir die Welt bedeutet. Das ich alles dafür getan hätte, diese furchtbare Krankheit zu vertreiben. Dass ich dennoch nur hilflos zusehen konnte, wie der Krebs immer stärker und meine Ma immer schwächer wurde, darauf hatte ich keinen Einfluss.

Ich bin sicher, dass auch du genug getan hast für deine Ma. Bestimmt schaut sie jetzt stolz auf dich herunter. Sie wird gewusst haben, wie sehr du sie liebst. Am Ende ist es nur das, was wirklich zählt.

Durchstehen werde wir diese traurige Zeit gewiss. Uns bleibt ja keine andere Wahl. Der Ort hier hilft. Der Kontakt zu Menschen, denen es ähnlich ergeht, hilft. Einerseits ist es immer furchtbar traurig, zu sehen, dass andere denselben Schmerz erleiden, denn er ist so tief, so allumfassend, dass man ihn niemandem wünscht. Es ist so furchtbar, zu sehen, dass so viele Menschen durch dieses Leid gehen müssen. Aber andererseits hilft es, sich auszutauschen und gegenseitig ein wenig zu stützen auf diesem Weg. Was in uns vorgeht, kann wohl nur jemand wirklich verstehen, der dasselbe durchmacht. Es ist so schlimm, dass man es wohl erst dann mitfühlen kann. Tja.

Uns bleibt nur die Hoffnung, dass es unseren Mamas da besser geht, wo sie jetzt wird. Dass sie hoffentlich keine Schmerzen mehr haben und nicht mehr leiden müssen. Hoffentlich sehen wir sie eines Tages wieder.

Alles Liebe,

Yvonne
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Mama 21.11.1941-09.08.2009 (Zungenkrebs)
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