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Alt 07.06.2010, 14:17
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annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Betroffen?! Angehörig?! Herzlich Willkommen!

Hallo an alle ,

Zitat:
Ist einer fachlich gut und als Mensch eben nicht: na ja, kann man damit leben. Ist einer fachlich schlecht und als Mensch gut: für kleine Wehwehchen reicht es aus. Ist einer fachlich und menschlich gut: wunderbar, Volltreffer und Hut ab. Leider scheint es aber auch einen Großteil zu geben von: fachlich schlecht und menschlich auch. Möge diese Kategorie den meisten erspart bleiben.
Ja, das sehe ich auch so.

Zitat:
Zeit. Zeit war immer in der Medizin das Problem. Das ganz große. Und die Übermüdung. Nach 28 Stunden ohne Schlaf hat man nur noch das Notwendigste getan. Immer dem Notfall nach und den Prioritäten nach gejagt. Und Angehörige fielen nicht mehr darunter, unter "Notwendig" – jedenfalls nicht in der „Regelzeit“. Überleben, jemanden dringend in den OP schaffen, dringende Schmerzen lindern, dringende venöse Zugänge erneuern, dringende Aufklärungen…
Ich finde das ist doch ein Witz. Mal ein, wenn auch leicht hinkendes Beispiel: Jeder LKW-Fahrer hat Lenk- u. Ruhezeiten sorgfältig einzuhalten, weil es grob fahrlässig ist, wenn man am Steuer wohlmöglich einschläft und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Da wird kontrolliert und gemacht und getan. Und jemand, also ein Arzt, dem eine noch viel größere Verantwortung obliegt, weil er ja oft (übermüdet?) weitreichende Entscheidungen fällen muss, der kann 28 Stunden ohne Schlaf arbeiten? Dass es so ist, das hört und liest man ja häufig, aber mal unter uns - ist das richtig?!

Aber so ist es ja auch nicht immer. Als meine Mama auf der Palliativstation lag, und wir einige Tage zwischen Hoffen und Bangen auf konkretere Aussagen warteten, da war ich nahe der Verzweifelung. Dann kam die Aussage eines morgens von meinem Lieblingspfleger Dirk, dass bald die Visite stattfinden würde. Endlich...endlich ein Gespräch. Endlich was Konkretes. Mir war zu dem Zeitpunkt nur wichtig zu erfahren was los ist.

Die Trauerbegleiterin sagte mal, im Bezug auf die Frage, ob man ein Kind so "schonungslos" mit der Wahrheit konfrontieren dürfe:"Hmmm Annika, mal angenommen Dein Mann kommt nach Hause und er hat seine Arbeit verloren. Er traut es sich nicht zu sagen....er versucht es zu überspielen. Du spürst und merkst da stimmt was nicht...was ist schlimmer? Die Wahrheit zu erfahren, zu wissen er hat keinen Job mehr, oder mit diesem unguten Gefühl zu leben."

Ich entscheide mich für die Wahrheit und ebenso wollte ich die Wahrheit auf der Palliativstation. Es wog dann schwer, aber die Ungewissheit war noch belastender. Der Arzt hat sich gedrückt. Etliche Tage und Stunden haben wir gewartet. Die Visite war längst durch die Zimmer. Außer durch Mamas´. Meine Hartnäckigkeit zahlte sich aus. Der Arzt kam und wir führten dieses länger andauernde, traurige, aber klärende Gespräch. Das musste ich mir "erkämpfen". Fand ich nicht gut...damals nicht, heute nicht. Wiegesagt, man muss immer die jeweilige Situation im Zusammenhang sehen, so meine ich.

Wünsche Euch allen einen schönen Tag und eine gute Woche

liebe Grüße

Annika
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