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Alt 17.06.2010, 13:48
Gittylein Gittylein ist offline
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Standard AW: Immer noch ein wenig Gewissensbisse

Hallo Sissy,

meine Mutti damals war von eienr auf die anderen Stunde etwas verwirrt, teilweise nicht mehr richtig da, ist dann knapp 3 Tage in eine Art Koma gefallen, war also gar nicht mehr wach, gelb.

Mein Vater war, trotz der zahlreichen und einen sehr großen Lebemetastase noch voll ansprechbar und hatte, bis auf das Kurzzeitgedächtnis, den vollen Durchblick. So die Ärztin.
So habe ich das auch zwei Tage vorher gesehen. Er war geistig voll da, hat aber nicht mehr verständlich geantwortet bzw. sich mit Lauten verständlich gemacht, wenn ich etwas gesagt oder ihn gefragt habe.
Er ist eher an Nierenversagen gestorben, erwartet hatte man auch, dass die Leber eher zuerst schlapp macht.
Blöd ist, dass man ihn, als er noch nicht total schwach war, immer wieder mal gefragt haben muss, ob er seine letzte Zeit nach Hause möchte. Und das, bevor man mit uns, mit mir gesprochen hat, ob das überhaupt möglich ist.
Na klar hätte er das gern... er hat sich so auf seine Schaukel, den Garten gefreut, endlich kam der Sommer, konnte er raus. :-(
Aber es war mir nicht möglich, es ging einfach nicht. Er hätte hier auch nicht in den Garten gekonnt, weil die Gegebenheiten im Haus nicht günstig sind. In der Klinik haben ihn ich bzw. meine Söhne noch drei Mal durch den Park gefahren und er hat sich so darüber gefreut. :-)
Ich denke, er hat gehofft, dass ich ihn noch mal heim hole, weil ich ja immer für ihn da war, weil er nur durch mich so lange zu Hause bleiben konnte. Aber er hat an der Ärztin gemerkt, dass ich nicht gleich "Ja" gerschrieen habe, das nicht wirklich woltle.
Die Ärztin meinte, er wollte nach Hause, am Ende hat sie es aber wieder so gedreht, als hätte mein Vati nicht darauf geantwortet, eher so reagiert, dass er auf der Palliativ bleiben möchte.
Ich glaube aber auch, er hat gewusst, ich schaffe das nicht allein zu Hause, weil ich keine Ablösung gehabt hätte, weil ich selber ziemlich mit meinem Nerven und Kräften am Ende war, dazu vorher noch eine Woche lang eine schwere Darmgrippe hatte.

Mein Vater ist erst nach den Spritzen eingeschlafen. Es waren nur drei Stunden...dann wären wir noch mal bei ihm gewesen. Die Ärztin hatte ihm am Vortag gesagt, dass wir ihn besuchen kommen. Aber da wurde mir noch nach 20 Uhr gesagt, es reicht, wenn wir am Freitag ins KH kommen.
Aber er war eben am Donnerstag allein und ich habe ihn nicht mal angerufen, weil er ja immer geschlafen und am Telefon kaum geantwortet hat, nur mit den Stationsschwestern und der Ärztin gesprochen.

Bei meiner Mutti, ich habe sie im Haus mit Hilfe meiner Schwester bis zum letzten Atemzug begleitet, hatte ich sofort eine tiefe Ruhe empfunden, nachdem sie eingeschlafen war. Ich hatte richtig abgeschlossen, ohne dass noch etwas offen war.
Dabei hatte ich zum Vati gar nicht ein so tolles Verhältnis, hat er es mir schon imemr und auch in den letzten beiden Jahren sehr oft sehr schwer gemacht. Er war ein schwieriger und egoistischer Mensch, der nur seine Vorstellungen gelten lassen hat und alle mussten danach springen.
Aber das ist ja jetzt auch egal...

Ich bin eben jemand, der sich in jeder Lebenslage immer mit dem Gewissen plagt und meint, ich hätte doch ... Da nutzt mir auch meine Vernunft nicht so viel. Gewissen und Vernunft "streiten" sich immer wieder.
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Viele Grüße

Gittylein


Mutter: gest. 2003 an BSDK
Vater: gest. 11.06.2010 Enddarmkrebs, Metastasen Leber, Lunge
Mann: Melanom in situ: OP 02.2008
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