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Alt 24.05.2002, 10:39
Gast
 
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Standard Hospiz und sanfter Tod

Hallo Tim,
mit einer so schnellen Antwort hatte ich nicht gerechnet, vielen Dank. Souverän war vielleicht nicht ganz das richtige Wort - es klang nur alles so vernünftig, was du geschrieben hast, und das, obwohl der Tod deines Vaters ja erst wenige Tage zurückliegt. Bei mir war es eher so, daß in den ersten Tagen keinen klaren Gedanken fassen konnte. Erst jetzt, fast eineinhalb Jahre danach, habe ich so langsam das Gefühl, mit wieder mit dem Thema auseinandersetzen zu können.
Trotzdem hat es mich natürlich die ganze Zeit beschäftigt; es ist tatsächlich so, daß seit seinem Tod kein einziger Tag vergangen ist, an dem ich nicht in irgendeiner Form an ihn gedacht hätte. Die Gedanken haben sich im Laufe der Zeit verändert. Zuerst war es wohl hauptsächlich der eigene Schmerz und die Frage, wie werde ich/meine Mutter mit dem Verlust fertig. Inzwischen überwiegt die Traurigkeit darüber, daß meinem Vater nicht noch ein paar schöne Jahre vergönnt waren - er war 61.
Mein Hauptproblem liegt aber, denke ich, nach wie vor darin, daß ein Abschied nicht stattgefunden hat. Wir hatten zwar in den Wochen nach der Diagnose wesentlich intensiveren Kontakt als in den Jahren zuvor. Trotzdem - und das bedauere ich im nachhinein - haben wir in dieser Zeit kaum wirklich über seine Krankheit und die Gedanken, die ihn sicher beschäftigt haben, gesprochen. Irgendwie waren wir wohl alle mit der Situation überfordert und keinem war bewußt, wie wenig Zeit uns noch bleiben würde. Mein Vater war in diesen drei Monaten trotz allem immer sehr gefaßt und hat es uns eigentlich leicht gemacht, das wurde mir erst im nachhinein bewußt. Als er starb, hatte man gerade erst mit der Chemotherapie begonnen, und obwohl er wußte, daß ihm dies auch bei optimaler Wirkung nur maximal zwei Jahrr Lebenszeit bringen würde, war er noch optimistisch und hat sogar noch versucht, uns Mut zu machen. Er hatte auch wieder ein paar Kilo zugenommen und auch sonst nach den diversen Operationen wieder etwas zu Kräften gekommen - ich werde nie vergesen, wie er sich gefreut hat, als er wieder alleine die Treppe in den ersten Stock hochgehen konnte. Somit mußten wir nicht seinen völligen Verfall miterleben und er wird mir so "wie er immer war" in Erinnerung bleiben.
Mit etwas Abstand kann ich inzwischen wohl auch sagen, daß mich diese Erfahrung, die ja letztlich auf jeden mal zukommt, (positiv) verändert hat. Man sieht alles mit etwas anderen Augen, nimmt manches nicht mehr so wichtig, anderes dafür umso wichtiger.
Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft, auch für "schlimme" Momente, die sich nach einem solchen Erlebnis immer mal wieder einstellen - manchmal völlig unerwartet (zumindest ging und geht es mir so).
Petra
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