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Alt 26.10.2010, 14:54
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annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Fragen an die, die hinterlieben sind!

Hallo Euch allen,

tut mir leid, dass ich jetzt erst wieder schreibe .

Das ist auch so eine Sache. Ich bin sonst echt begabt darin, mich selber zu motivieren. Die Eigenschaft ist futsch. Genau wie Mama . Nicht mehr da!

Eben dieser nagende Schmerz, dieser Kummer, dieses Verlustempfinden, das macht mich ganz verrückt. Ich würd so gern wieder ein wenig von meinem alten Leben zurückhaben.

Als ich kleiner war, und realisiert habe, so wieder jeder Mensch das ja irgendwann mal beginnt zu tun, dass es das Sterben gibt, da habe ich auch über Mama und Papa nachgedacht. Und ich erinnere mich noch sehr gut, wie schrecklich alleine diese Vorstellung war. So schlimm, dass ich aufgehört habe weiterzudenken. Da war so ein Selbstschutzmechanismus.

Mit Mamas Tod, ist der Selbstschutzmechanismus weg. Und ich denke Gedankengänge, die mir natürlich selber nicht gut tun, aber die einfach damit zusammenhängen, dass man diese unangetastete Schwelle nun einmal überwunden hat. Man eröffnet sich selber so ein gedankliches Spektrum, dass man früher schon im Ansatz verworfen hätte, weil man es gar nicht hätte zu Ende denken wollen. Versteht ihr was ich meine?

Meine Sichtweise auf die Dinge ist eine völlig andere geworden. Es ist ein Gemisch aus Reife, Erfahrung, Bitterheit und Trauer. Und das begleitet einen täglich, immer wieder auf´s Neue.

Bei mir kommen momentan allerhand Widrigkeiten von Außen hinzu. Früher, noch vor 3-4 Jahren, hätte mich das total fertiggemacht. Heute, da sehe ich die Dinge viel rationaler und gehe (manchmal erschrecke ich mich da sogar über mich selber) mit viel Kalkül an die Lösung heran. Das ist eigentlich was Positives, aber wenn das alles ist, was ich gewonnen habe, dann hab ich dafür einen verdammt hohen Preis gezahlt.

@Helmut....bezugnehmend auf Deine Geschichte, möchte ich auch mal Passagen aus dem Alltag erzählen.

Meine kleine Tochter ist 4 Jahre alt und kann sich noch schemenhaft an Mama erinnern. Sie sagt immer:"Klar weiß ich noch, wie die Oma Ulla aussah. Die hatte keine Haare mehr und war ganz krank!" Wir sprechen da viel drüber. Vergangene Tage, bei der Kinderärztin in der Praxis auf selbige wartend, haben wir im Behandlungsraum gewartet u. gespielt. Ich war das Kind und sie die Ärztin (ergab sich, weil so´n Kinder-Dr.-Koffer da rumlag ). Jedenfalls hat sie mich untersucht und mir Medikamente verordnet. Da sagt sie, ganz in der Frau-Dr.-Rolle aufgehend:"Hier sind Deine Medikamente. Die muss Dir die Mama dann abends immer geben!" Auf einmal schaut sie ganz betroffen und mitfühlend drein, und sagt:"Ach maaan, Du hast doch gar keine Mama mehr!"

Und ja, es gibt auch die andere Seite. Ich kann mir meine Mama schon sehr lebendig, mit all ihren zynischen und spitzwindigen Kommentaren vor mein geistiges Auge rufen. Kürzlich hatte ich ein Vorstellungsgespräch. Die "Führungskraft" und ich hatten ca. 3 Sek. Augenkontakt und dann stand die Sache mit der Sympathie und Antipathie fest . Mein lieber Scholli -war das ein Idiot! Hätte den meine Mutter erlebt bwz. hätte ich ihr das in voller Länge schildern können, hach...was hätten wir herrlich gelästert .

Ja, und dann ist es da - das Bewusstsein, dass alles nur in der Vorstellung abläuft und vielleicht nie wieder wahr werden wird.

Das ist ja auch so Ding. Die Sache mit dem Glauben. Ich bin ja schon gläubig. Wenngleich ich jetzt nicht der strenggläubige Typ bin oder so. Ich glaub das was ich wirklich glauben kann und will. Dann spazier ich so durch die Welt und frage mich, ob die Kirchen ein Stück weit aus Angst so voll sind?! Aus Angst davor, dass es sonst danach nichts mehr geben könnte ? Klammern Menschen nur deswegen am Glauben fest?

Ich weiß, ich hab viele Fragen und einen Großteil davon kann mir keiner beantworten. Ich wünschte, ich könnte irgendwie meinen Frieden damit schließen, aber der Verlust ist etwas, dem ich irgendwie nicht die Hand reichen kann. Leider!

Liebe Grüße

Annika

@Kyria,
Zitat:
gibt es Orte, an denen Du spürst, daß Du innerlich ein wenig Trost und Ruhe finden kannst? Gibt es Situationen, die Dich trösten?
Das Haus meiner Mama kann ich nicht aufsuchen. Das halte ich nicht gut aus. Danach bin ich gute 2 Tage neben der Spur. Die Kirche, da geh ich manchmal hin. Da bilde ich mir ein, ich wäre irgendwie geborgen. Allerdings weine ich dort immer, was wiederum blöde ist, wenn man da in der Kirche sitzt und heult wie ein Schlosshund.

@Jasmin - das mit David tut mir sehr leid. Dachte, es gäbe doch noch Hoffnung auf eine 2. Chance. Das sind für Dich andernfalls 2 Verluste binnen kurzer Zeit, und das wiegt natürlich schwer.
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