Thema: es tut so weh
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Alt 23.08.2002, 23:08
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Standard es tut so weh

Hallo, Ihr Lieben!

Nun habe ich auch endlich hierher in dieses Forum gefunden...
Es ist schön, Einige von Euch wieder zu sehen (obwohl eigentlich leider!).
Es tut gut, zu lesen, was ich selber fühle, und was andere einfach nicht verstehen, die es sicher auch gut meinen, aber einfach nicht wissen, wovon sie reden - weil sie es selber noch nicht erlebt haben, einen geliebten Menschen zu verlieren.
Mir geht es momentan so, dass ich mit überhaupt keinem mehr reden mag, weil ich Angst habe vor diesen "Ratschlägen", die da besagen, dass ich mich doch bitte nicht hängen lassen soll und an mein eigenes Leben denken (ha!) oder wieder genau das Gegenteil, dass ich mich bloß voll in meine Trauer rein fallen lassen soll. Ich weiß nicht, ob Ihr mich vesteht, aber für mich ist beides einfach furchtbar!

Zu meiner Geschichte: Mein Vater ist vor 2 Wochen eingeschlafen, 3 Monate nach der Diagnose "Gallengangskarzinom". Es ist einfach so unbegreiflich. Wir haben noch so viel gehofft... Es ging alles auf einmal ganz schnell. Aber letztlich ist es besser, als ein noch längeres Leiden! Ich sage mir das ja auch immer wieder.

Liebe Lisa (Robbe), ich muss Dir noch einmal etwas sagen. Damals in dem anderen Forum, als Du geschrieben hast, dass Deine Schwester eingeschlafen ist, sind mir vor dem Computer so die Tränen gelaufen! Ich habe sehr mit Dir gefühlt. Und gleichzeitig muss ich wohl so eine Vorahnung gehabt haben: Könnte ich die nächste aus dem Kreise sein? - Ich war die nächste...
Manchmal gibt es wohl solche Dinge, auch wenn ich rein vom Logischen her überhaupt nicht damit rechnete, dass es so schnell gehen würde, denn mein Vater machte einen relativ guten Eindruck, wir hatten noch viele Pläne, ich habe mit vielen Krebsorganisationen etc. telefoniert und gerade wieder Hoffnung geschöpft, dass diverse Therapien vielleicht in Betracht kämen...

Es ist immer so wie das eine und das andere "Ich". Das eine logische aus unserer westlichen Gesellschaft und das andere "Ich" aus der Intuition. Das eine "Ich" sagt: Es ist gut jetzt, er hat seine Ruhe gefunden, er hat keine Schmerzen mehr...,
das andere, das einen vorzugsweise im normalen Alltag erwischt, beim Einkaufen, bei den "normalen" Dingen, was plötzlich ausbricht und sagt: Das kann doch alles nicht wahr sein! Nein!

Übrigens Lisa - ich kann Dich beruhigen. Bei der Beerdigung meldet sich (jedenfalls war es bei mir so) eher das erste "Ich", das sogar ein wenig Freude in der Traurigkeit empfinden kann, das den Trost gerne annimmt, das ganz ruhig ist. Ich empfinde es fast danach jetzt schlimmer... Eine Beerdigung kann auch in gewisser Weise schön sein. Da kommen noch mal all die nahestehenden Menschen zusammen, man ist nicht allein, es ist ein bedeutender Moment.
Ich hatte ja so einen Bammel davor, aber dann war ich so ruhig. Ich will nicht sagen, dass ich es immer wiederholt haben möchte, das wäre ja nicht richtig, aber genieße auch ein bisschen diesen Moment des Zusammenseins. Vor allem, wenn es schön wird mit den Blumen etc. freut man sich für den/die Liebe/n. Ich finde die Idee mit Deiner Trauerrede nicht schlecht. Würdest Du es nicht machen, würdest Du Dir vielleicht ewig wünschen, den Moment nochmal zurück drehen zu können und es zu tun. Ich weiß, dass Du stark bist und es schaffst! Wenn es Dein Wunsch ist, dann tu' es. Du wirst Dich hinterher sehr viel besser fühlen.
Vorher dachte ich immer, ich wäre insgeheim froh, wenn es denn endlich geschafft ist mit der Beerdigung und erkundigte mich nervös danach, wielange es denn wohl so dauern würde. Und dann war es ganz anders. Ich bin NICHT ausgeflippt, ich war sehr ruhig und ich sagte mir auch immer wieder, ich sitze ja, also könnte ich auch gar nicht umfallen - und warum denn auch. Ich wollte an keinem anderen Ort sein als dort. Es war eine schöne Ruhe. Dann am Grab (draußen an der Luft) war es auch o.k.
Es ist ein Trost, und man wird sich noch lange an die Worte und Dinge erinnern.
Wenn Du möchtest, kannst Du mir auch gerne nochmal schreiben (Confia@gmx.de). Nun will ich auch nicht länger über das Thema ausholen!
Beruhigungsmittel nehme ich übrigens auch keine. Ich glaube, je mehr man sich betäubt, desto länger dauert es...

Wieso sagt Ihr eigentlich immer, dass die letzte Ruhe erst gefunden werden kann, wenn die Beerdigung war? Es hört sich jetzt vielleicht blöd an, aber ich habe mir schon immer diese Frage gestellt (und bin für mich noch zu keinem logischen Ergebnis gekommen).

Puh, da bin ich aber froh, dass ich wohl doch nicht verrückt geworden bin. Ich hatte auch solche Gedanken, dass es mir egal wäre, was mit mir passiert und hatte mich sehr darüber erschrocken.
Vielleicht ist das normal, ich habe mich ja gar nicht getraut, mit jemandem darüber zu reden (ich glaube, mein Mann z.B. könnte das nicht verkraften). Immer wieder hatte ich die Gedanken, warum bin ich hier und er ist nicht mehr hier... wieviele Jahre habe ich noch an Leben vor mir?
Doch ich habe ja noch einen Sohn, es sind Menschen hier, die wichtig sind. Und mein Vater würde es auch nicht wollen...
Er soll doch stolz auf mich sein können!
Letztlich ist es besser, als wenn ich hätte gehen müssen und er nicht. Das wäre doch verkehrte Welt und noch viel unbegreiflicher. Diesen Schmerz würde ich ihm niemals wünschen.

Zum Zeitpunkt wollte ich noch sagen, bei meinem Vater war es so, dass ich in der letzten Zeit als es so schlimm war, jeden Tag weit zu ihm gefahren bin. Als ich an seinem Sterbetag gerade wieder aus dem KKH zu Hause war, kam mir auf einmal in den Sinn, dass ich auch mal wieder normale Dinge tun müsste. Ich habe nach längerer Zeit wieder richtig aufgeräumt, das Kind in die Wanne gesteckt, versucht, normale Dinge zu tun, nachdem ich vorher in ständiger Alarmbereitschaft gelebt habe. Ausgerechnet DA ist es wohl passiert...

Lieber Steffen,
ich denke, letztlich ist AUCH alles ein bisschen Schicksal, z.B. (leider) auch, ob man an gute Ärzte gerät etc. - oder einen Dachziegel auf den Kopf bekommt oder, oder...
Das heißt natürlich nicht, dass wir einfach die Hände in den Schoß legen sollten und abwarten, aber wenn wir alles probiert, alles getan haben so wie Du auch, DANN ist es Schicksal.
Ja das Leben scheint manchmal ungerecht! Aber wir WISSEN ja nicht, was danach kommt...
Fühl' Dich umarmt (traut Ihr Frauen Euch nicht?? ;-))
Wir sitzen alle im gleichen Boot. Und es hat irgendeinen Sinn, den wir nicht begreifen, auch, dass wir noch leben sollen!

So, nun habe ich viel geschrieben, aber ich habe Eure ganzen Beiträge mit Interesse vom Anfang gelesen und wollte noch was dazu schreiben.

Gibt es hier eigentlich zwei Lisas?

Euch allen weiterhin viel Kraft und Vertrauen!
Tina
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