Thema: Und nun?
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Alt 03.07.2006, 08:32
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Lady Molly Lady Molly ist offline
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Standard AW: Und nun?

Lieber Ewald,

ich bin in der Vergangenheit. Vor einem Jahr... die magischen Zauberworte, obwohl der Zauber nicht positiv ist.

Im Juni wurde endlich wegen deiner Rückenschmerzen ein MRT angeordnet
und weil der Tumor wuchs auch ein CT.
Am 21.6. und am 23.06. sollten wir telefonisch die Ergebnisse erfragen.
Diese waren niederschmetternd. Das erste Mal war klar das nun nicht mehr von Heilung gesprochen wird.
Am 28.06. hatten wir Termin in der Ambulanz und ich hasse den Arzt immer noch der dir sagte, sie können dir Zeit geben.
38 Tage waren es noch die dir an Zeit gegeben wurden.
38 Tage voller Angst, Schmerz, Abschied, aber auch voller Liebe.

Ich habe die Störche wieder gesehen, die wir morgens immer beobachtet haben, wenn wir in die Klinik fuhren. Das Leben geht weiter, die Welt draussen hat sich durch deinen Tod nicht verändert.
Unberührt geht alles seinen Weg. Bald werden sie mit ihren Kleinen morgens Futter suchen.

In der Ambulanz werden auch heute wieder viele Menschen sitzen und ihre Chemo bekommen, auch dort hat sich sicher nichts verändert.
Du hattest noch drei und diese haben dir nicht geholfen, nichts und niemand konnte helfen.

Mit solcher Ruhe hast du gehofft, deine Ängste ausgehalten.
Rasant baute dein Körper ab und bei vielen Dingen brauchtest du Hilfe.
Das war so schwer für dich, nicht mehr der starke Mann sein, nicht mehr
alles selber machen.

Alle zwei Tage musste punktiert werden. Ich weiss nicht mehr wie viele Liter insgesamt, aber es war nie wenig. Deine Luftnot quälte uns.

Wir waren in dieser Zeit sehr eng miteinander verbunden. Nur der Tod könnte dies lösen, aber nicht vollständig. Heute tut es mir leid, dass wir
nicht viel früher diesen Weg der Zusammengehörigkeit ohne wenn und aber beschritten haben. Aber vorher war es wohl nicht unser Weg. Erst der Krebs hat uns bewusst gemacht wie kostbar die Liebe ist und dies war ein Geschenk. Kurze Zeit bedingungslose Liebe, umfassendes Vertrauen.
Dieses Geschenk trage ich heute im Herzen und dein Leiden hilft mir heute
"besser" zu leben.
Ich habe gelernt. Kübler-Ross hat recht, nur die bedingungslose Liebe zählt am Schluß, sonst nichts.
Mit dir kann ich sie hier, an diesem Ort, in dieser Zeit nicht mehr erleben.
Wir haben die erste Chance dazu nicht genutzt und die zweite war zu kurz.
Das tut weh.

Dein Platz ist immer noch bei uns und täglich denken wir an dich. Uns fällt immer etwas ein, wie du mit einer Situation umgegangen wärst, dein Schnarchen, wie du oft im Wohnzimmer eingeschlafen bist...
Der Papa hat...
Ewald ist...
Daran konnte auch der Tod nichts ändern.

Geliebt und unvergessen, das ist alles was bleibt und doch nicht wenig, denn in unseren Herzen ist dein Platz.

Susanne
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